Literarische Bewegung mit Folgen: Zerstört, hungrig, hysterisch, nackt
Eine Arte-Doku zeigt seltene Aufnahmen zur „Beat Generation“ um Jack Kerouac, William S. Burroughs und Allen Ginsberg.
Drei Namen: Jack Kerouac, Allen Ginsberg, William S. Burroughs. Drei Bücher: „On the Road“ („Unterwegs“, 1957), „Howl“ („Das Geheul“, 1956), „Naked Lunch“ (1959). Ein Programm: Die Beat Generation. Jene literarische Gruppierung, die der sogenannten „Lost Generation“ um F. Scott Fitzgerald und Ernest Hemingway folgte. Es ist die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als die sogenannten Beatniks sich kennenlernen, sich finden und zusammentun. New York ist der Ort ihrer ersten Begegnung. Kerouac studiert an der Columbia University, Ginsberg und Burroughs sind Kommilitonen, wenn auch in unterschiedlichen Disziplinen. Die Beatniks, das sind die ersten modernen Popliteraten überhaupt. Den Begriff des „Beat“ führte Kerouac ein. Der „Beat“ komme, so Kerouac in einem Fernseh-Interview von 1967, nur zwei Jahre vor seinem frühen Tod, „von ein paar alten Schwarzen im Süden. Im Sinne von ,müde’, ,besiegt’, ,arm’. Aber, der Name ist nicht wichtig.“
Über die drei Protagonisten dieser literarischen Bewegung haben die Filmautoren Jean-Jacques Lebel und Xavier Villetard eine Dokumentation erstellt, „Beat Generation“, die eine Fülle an Archiv-Materialien enthält und den Zuschauer auf eine Reise in die Vergangenheit mitnimmt. Kerouac, Ginsberg und Burroughs wechselten oft ihre Standorte, mal New York, mal San Francisco, mal Tanger, mal Mexiko. Und, gewiss, die Metropole des literarischen Lebens: Paris. Dort, wo sie das sogenannte „Beat Hôtel“ im Quartier Latin 1957 bezogen, unweit von Saint Germain, dort teilweise lebten und arbeiteten, bis das Hotel 1963 geschlossen wurde.
Sie mögen, zerstreiten, versöhnen sich. Und sie schreiben sich unzählige Briefe. Aus diesen Briefen wird hier teils auch vorgetragen. So schreibt Kerouac an Ginsberg im Mai 1952 über seinen Roman „On the Road“: „Bitte lies es ganz. Noch niemand hat es bisher ganz gelesen. ,On the Road’ ist durch und durch inspiriert. Das kann ich jetzt sagen, wenn ich auf diese Sprachlawine zurückschaue.“ Ginsberg erwidert im Juni 1952: „Das ist das Beste, was je in Amerika geschrieben wurde. Ich glaube, das Buch ist großartig, aber auf eine verkehrte Art verrückt. Ich sehe niemanden, der es, so wie es ist, veröffentlicht.“ Ihre Freundschaft, ihr Streiten beruht auf der Leidenschaft für das Lesen. Jene erotische Zuneigung, die Ginsberg für Kerouac empfindet, kann dieser wiederum so gar nicht teilen.
Trotz der Fülle des historischen Materials gelingt es der Dokumentation jedoch nicht, dem Thema „Beat Generation“ wirklich Neues abzugewinnen. So sind zwar seltene dokumentarische Aufnahmen zu sehen, etwa von William S. Burroughs 1954 in seiner marokkanischen Wahlheimat Tanger, oder von einer eindrücklichen Burroughs-Lesung aus „Naked Lunch“, die der schon ältere Herr über Minuten hinweg hält, komplett auswendig, ohne auch nur einmal aufs Manuskript zu sehen. Burroughs – dessen „Naked Lunch“ Regisseur David Cronenberg 1991 für das Kino adaptiert – ist es schließlich auch , der in den 1980er und 1990er Jahren zur Ikone der Popkultur avanciert. Oder ein ausführliches Interview mit Allen Ginsberg aus dem Jahr 1990, in welchem der sich früh zur Homosexualität Bekennende über die literarischen und sexuellen Eskapaden wort- und zotenreich Auskunft erteilt. Oder die Lesung Ginsbergs 1955 der ersten Zeilen von „Howl“: „Ich sah die besten Köpfe meiner Generation vom Wahn zerstört, hungrig, hysterisch, nackt.“
Doch bleibt das alles seltsam spröde und trocken, wie auch der wenig ansprechende, uninspirierte, deutsche Off-Kommentar. Der rein deskriptiv gehaltenen Dokumentation liegt keine eigene Haltung zugrunde. Und das ist schade.
„Beat Generation“, Arte, Mittwoch, um 21 Uhr 50
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