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Er schlägt im TV süße Tiere und kleine Kinder - quotenmäßig.
© dpa

Talk mit Günther Jauch: Wladimir Putin, die Zweite

Vergessen Sie bitte alles, was Sie mal über vermeintliche Regeln darüber gehört haben, was im Fernsehen funktioniert und was nicht. Kleine Kinder und süße Tiere – das ist lange her, und interessiert nur noch eine Minderheit. Was heute funktioniert ist: Putin.

Wladimir Putin zieht. Deshalb wohl machte Günther Jauch am Sonntagabend seine zweite Talkshow hintereinander zu diesem Mann, nachdem vor einer Woche zunächst ein Interview und dann die Interpretation des Interviews gezeigt wurde. Und weil da fast sechs Millionen Menschen zuschauten, kann man das ja noch mal wiederholen – allerdings ein bisschen anders, es musste ja schon eine neue Sendung sein.

Doof ist es dann allerdings, wenn nur noch Ehemalige kommen: Der ehemalige SPD-Hoffnungsträger Matthias Platzeck, die ehemalige ARD-Moskau-Korrespondentin Gabriele Krone-Schmalz, Alexander Graf Lambsdorff von der ehemaligen Regierungspartei FDP und der ehemalige Lyriker Wolf Biermann, der immerhin vor drei Wochen ein großes Comeback im Bundestag gefeiert hat. Deshalb hatte man als Zuschauer zu Beginn noch etwas Hoffnung. Doch nachdem Biermann am Anfang meinte, der „Spiegel“ würde mit seinem aktuellen Titelbild lügen, zog sich der Mann aus der Runde zunächst zurück, die dann vor allem von Gabriele Krone-Schmalz beherrscht wurde, die das Putin-Interview „authentisch“ nannte und sich daraufhin kleine Spitzen mit Lambsdorff lieferte.

Eine lähmende, ausgewogene Stunde

Was fehlte, war der Elan, das Tempo, vor allem Platzeck zog immer wieder die Bremse, um darauf hinzuweisen, er wolle vor allem „vernünftig und sachlich Politik machen“. Das ist in der Politik sicherlich von Vorteil, leider aber nicht in einer Talkshow und auch Jauch versuchte vor allem die Balance zu halten, weil er wahrscheinlich ahnt, dass die eine Hälfte seiner Zuschauer eher auf Putins Seite ist und die andere Hälfte nicht. Und so saß er dann auch in der Mitte, links vom Zuschauer Platzeck und Krone-Schmalz, die Putin in Teilen verstehen, rechts vom Zuschauer Biermann und Lambsdorff, die das nicht tun. Keine Seite wird den unbefangenen Zuschauer für sich gewonnen habe, dafür fehlte das Feuer, das auch von Jauch, eventuell zurecht, nicht geschürt wurde.

So wurde es eine lähmende Stunde, in der sich Platzeck beklagte, dass er von allen falsch verstanden wurde und Krone-Schmalz „präzise“ sein will, was dann allerdings in ihrem Fall sehr viel mit dem Wort „ich“ und mit Rechthaberei zu tun hatte – ihre Ausführungen zum Völkerrecht werden Juristen interessant gefunden haben; die Zuschauer verwirrend. Biermann scheint in dieser Phase der Sendung bereits eingeschlafen zu sein. Einigkeit gab es zweimal, einmal als Platzeck, der nicht nur für Vernunft und Sachlichkeit ist, sondern auch für „Realismus“, meinte, Putin sei noch das kleinere Übel, keiner könne sagen, was danach käme (was man allerdings auch über jeden Amtsträger sagen könnte), und einmal, als es um Frank-Walter Steinmeier ging, den alle Anwesenden lobten. Mit der Einigkeit war es aber dann vorbei, als Krone-Schmalz sagte, dass sich Russland bedroht fühlen würde – da war Biermann auch wieder da, dem die letzten drei Minuten gehörten. In denen erzählte er einen Witz, den keiner verstand, sagte den guten Satz „Meine Toleranz gegenüber Unterdrückern ist sehr schwach“ und bemühte leider noch einen bescheuerten Hitler-Vergleich, der Krone-Schmalz sehr empörte.

Sonst irgendwelche Erkenntnisse? Kaum. Außer vielleicht, dass man jetzt weiß, warum man Gabriele Krone-Schmalz so gar nicht vermisst hat im Fernsehen. Und dass Talkshows nicht wie Serien funktionieren: Man kann nicht einfach da weitermachen, wo man letztes Mal aufgehört hat. Nächste Sendung vielleicht doch mal über süße Tiere sprechen?

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