Neue ARD-Vorsitzende Karola Wille: "Wir müssen um Glaubwürdigkeit kämpfen"
Die neue ARD-Chefin Karola Wille will den Kampf um das Vertrauen der Zuschauer und Nutzer durch Verlässlichkeit und Themenvielfalt gewinnen. Die ARD müsse noch näher an der Lebenswirklichkeit der Menschen sein, so ihr Credo.
Karola Wille macht sich nichts vor. „Wir bewegen uns in rauer See“, sagte die MDR-Intendantin zur näheren Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Wille hat den ARD-Vorsitz am 1. Januar 2016 übernommen, zunächst für zwei Jahre. Die neun Landesrundfunkanstalten müssen wie auch das ZDF, wie der gesamte öffentlich-rechtliche Rundfunk um Glaubwürdigkeit bei den Nutzern und um deren Vertrauen kämpfen. Zwar ist das ARD-Programm laut Wille immer noch bei der Mehrheit der Bundesbürger das wichtigste Programm – der Wert für 2015 liege bei 61 Prozent -, allerdings seien Skepsis, ja Ablehnung gewachsen. Die ARD-Vorsitzende machte am Montag beim Pressegespräch in Leipzig trotzdem nicht in Pessimismus: „Der öffentlich-rechtliche Auftrag bleibt, und er bleibt intakt: Werte vermitteln, den Meinungs- und Willensbildungsprozess in der Gesellschaft befördern, das Funktionieren der Demokratie sicherstellen“.
Karola Wille wollte dabei weniger die „Fehlerkultur“ in der ARD-Berichterstattung von Radio, Fernsehen und Online benennen, sondern klarmachen, dass die eingestandenen Verluste bei Vertrauen und Glaubwürdigkeit wettgemacht werden müssen. Wer also Glaubwürdigkeit wolle, der müsse bei seiner Leistung verlässlich sein. Es gehe um Aufklärungsjournalismus, es gehe um eine größtmögliche Vielfalt der Themen, die Berichterstattung müsse noch näher heran an die Lebenswirklichkeit“ der Menschen – auch an die Lebenswirklichkeiten „außerhalb der Mainstream-Korridore“. Es gehe ums intensivere Zuhören und genauere Hinsehen, Journalisten sollten sich zurücknehmen, Bescheidenheit üben, insonderheit die Vermittlungsaufgabe in den Mittelpunkt stellen.
Wille moniert Defizite in der Ost-West-Berichterstattung
Die ARD-Vorsitzende blickte nach innen wie nach außen. Sie sieht, nur zum Beispiel, „Defizite bei der wirklichkeitsgetreuen Darstellung von Ost- und Mitteldeutschland in der gesamten ARD“. Rechtsradikalismus, Arbeitslosigkeit und der „Jammer-Ossi“ prägten das Berichtsbild, und das im 26. Jahr der Einheit. Und sie sagte zugleich, dass das Diktum des früheren Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich (CSU), es gebe ein öffentlich-rechtliches „Schweigekartell“, in keiner Weise stimme.
In den Veränderungsprozess der neun Landesrundfunkanstalten möchte die ARD-Vorsitzende auch den Auftritt in der Online-Welt integrieren. Da ist zum einen das in diesem Jahr startende ARD/ZDF-Jugendangebot, da ist die Verbesserung der Mediatheken, sprich eine bessere Auffindbarkeit und eine längere Verweildauer der Angebote, da ist zum anderen die weitere Expansion des digitalen Radios DAB. Auch sollen weitere Kooperationen mit Verlagshäusern ausgelotet werden. Bei all diesen Fragen stellt sich Wille die ARD als „Entwicklungslabor“ vor.
"Der Rundfunkbeitrag bleibt stabil"
Weniger Labor denn als Tatsache strich sie heraus, dass der Rundfunkbeitrag bis 2020 bei 17,50 Euro stabil bleibe, erst danach müsse erhöht werden. Mehr Geld brauchen ARD und ZDF auch, wenn es um den Erwerb von Olympia-Rechten von 2018 bis 2024 geht. Die hat sich Discovery gesichert, wobei der Rechteinhaber sich Sublizenzen für ARD und ZDF vorstellen kann. Wille berichtete von ersten Gesprächen und der festen ARD-Überzeugung, dass Olympia ins öffentlich-rechtliche Fernsehen gehöre. Der Spekulation, dass ARD und ZDF am Ende für Sublizenzen mehr Geld ausgeben müssten als Discovery für den Ersterwerb aller Rechte, wollte sich Wille nicht anschließen. Aber teuer wird das Lizenzgeschäft für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, das steht außer Frage. Die Entwicklung in Polen, wie ein neues Mediengesetz öffentlich-rechtliches Radio und Fernsehen zum „Staatsrundfunk“ umfunktioniert, macht Karola Wille „betroffen“. Die Zusammenarbeit gehe weiter, zeigte sich Wille optimistisch, „jedenfalls auf der Arbeitsebene“. Die ARD-Vorsitzende wünschte allen „Kraft und Optimismus für das Jahr 2016“.