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Intendant Peter Limbourg will die Berichterstattung über Russland sogar noch ausbauen. Die Frage ist nur: Wie soll das ohne Korrespondenten gelingen?
© Deutsche Welle / M. Müller

Nach Sendestopp für Deutsche Welle in Russland: „Wir finden immer einen Weg, Zensur zu umgehen“

Am Tag nach der russischen Anordnung. So stellt sich der deutsche Auslandssender auf das Arbeitsverbot ein.

Die Deutsche Welle hat, wie vom Außenministerium in Moskau verhängt, am Freitagmorgen um neun Uhr aufgehört, in Russland journalistische Inhalte zu produzieren. „Aber wir haben keinesfalls aufgehört, auf Russisch zu senden“, sagte Sendersprecher Christoph Jumpelt dem Tagesspiegel.

Russland hat dem Auslandssender der Bundesrepublik Deutschland am Donnerstag ein Sendeverbot erteilt. Zudem verfügte das russische Außenministerium die Schließung des Korrespondentenbüros in Moskau und den Entzug der Akkreditierungen der Journalisten. Damit reagierte Moskau auf ein Sendeverbot des deutschsprachigen Programms seines Staatssenders RT DE.

Gegen das Sendeverbot protestierte am Freitag auch die EU-Kommission. Die Entscheidung sei inakzeptabel und entbehre jeder Rechtfertigung, erklärte der Sprecher des Europäischen Auswärtigen Dienstes, Peter Stano, am Freitag in Brüssel. Die Deutsche Welle müsse „vollen und fairen Zugang zu rechtlichen Schritten“ gegen die Maßnahme haben.

Zur Ausstrahlung der deutschen und den englischen TV-Kanäle der DW gelten die Sendelizenzen bislang. Noch haben die Kabeldienstleister, die das Satellitensignal weiterverbreiten, nach Kenntnis der DW keine Aufforderung erhalten, die Deutsche Welle aus dem Angebot zu nehmen. Auf dem deutschen Kanal gibt es laut DW auch ein tägliches zwei- bis vierstündiges Programmfenster in russischer Sprache.

Für die Deutsche Welle waren bislang in Russland 35 Mitarbeiter tätig, vom Kameramann bis zum Cutter. Im Moskauer Büro arbeiteten zwei aus Deutschland entsandte Korrespondenten und einige Korrespondenten mit russischem Pass. Die Korrespondenten wurden aufgefordert, bis Freitagnachmittag ihre Akkreditierungen im Außenministerium abzugeben. Für die deutschen Journalisten endet damit zumindest theoretisch die Aufenthaltsgenehmigung. Sie wurden allerdings im Unklaren darüber gelassen, ob und wann sie möglicherweise ausreisen müssen. „Das hätte man durchaus in die schmallippige E-Mail aus dem Außenministerium reinschreiben können, die gestern bei uns angekommen ist“, ärgert sich DW-Sprecher Jumpelt.

Limbourg kritisiert „sehr respektlose Behandlung unserer Mitarbeitenden“

Für die russischen Mitarbeiter stellt sich die Situation nicht besser dar. Die festen und festen Freien Mitarbeiter der Deutschen Welle können seit Freitagmorgen ebenfalls nicht mehr journalistisch in Russland arbeiten. Allen bei der Deutsche Welle gelisteten Mitarbeitern droht zudem, dass sie als Ausländische Agenten deklariert werden, was faktisch einer Berufssperre gleichkommt. „Ich muss hier die sehr respektlose Behandlung unserer Mitarbeitenden durch die russischen Behörden deutlich kritisieren“, erklärte dazu DW-Intendant Peter Limbourg am Freitag.

Die Deutsche Welle lotet seit Donnerstag mit einer Anwaltskanzlei in Moskau die juristischen Möglichkeiten aus. So wird geprüft, ob gegen die Anordnung geklagt werden kann, gegen wen sich die Klage richten müsste und welches Gericht dafür zuständig ist. „Gegen diese absolut überzogenen Maßnahmen der russischen Regierung werden wir alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, die uns zur Verfügung stehen. Im Übrigen wollen wir auch erfahren, mit welcher konkreten Begründung die russische Regierung diese Maßnahmen gegen die DW überhaupt verhängt. Diese Information sind sie bisher schuldig geblieben“, kritisierte Limbourg.

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Als Konsequenz der Schließung des Moskauer Büros will die Deutsche Welle die Berichterstattung von anderen Standorten zügig ausbauen, um die Nutzer in Russland auch weiterhin mit objektiven Informationen zu versorgen. „Dafür gibt es sehr effektive digitale Verbreitungskanäle“, kündigte Limbourg an.

Doch wie soll das gelingen, wenn die Korrespondenten und anderen Mitarbeiter in Russland kaltgestellt sind? In den Redaktionen in Bonn und Berlin werden weiterhin russischsprachige Angebote produziert, sowohl Texte für das Internet, Social-Media-Inhalte als auch Bewegtbildbeiträge. Zudem sei die Deutsche Welle in der Region – zum Beispiel in Kiew und im Baltikum – gut vertreten. „Wir schaffen es, auch aus Ländern zu berichten, in denen wir offiziell nicht erwünscht sind. Und in diese Länder hinein“, führte Jumpelt mit Blick auf China, Iran und Weißrussland aus, wo es eine Komplettblockade der Deutschen Welle gibt. „Wir finden immer einen Weg, Zensur zu umgehen.“

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