Neue Games: Wilde Gesellen
Als exzentrischer Freibeuter Jack Sparrow macht Johnny Depp seit vier Hollywood-Filmen die Weltmeere unsicher – jetzt torkelt und turnt er auch durch das Computerspiel „Lego Pirates of the Caribbean“. Ebenfalls im Test: das Rennspiel „Dirt 3“ mit seinem Mix aus Rallye-Cross und Stunt-Einlagen.
Lego Pirates of the Caribbean
Legofiguren haben etwas Rührendes: die Knopfaugen geradeaus gerichtet, die Stummelbeine fest auf dem Boden, dienen sie seit Generationen als wackere Spielkameraden. Die Idee, sie zu Darstellern von Hollywoodfilmen zu machen, grenzt an Genialität: Wo stets große Gefühle walten, erzielen die Plastik-Stoiker einen urkomischen Effekt. Bereits 2005 brachte „Traveller's Tales“ mit Lego Star Wars das erste Spiel dieser Art heraus, dann wurden Batman, Indiana Jones und Harry Potter lego-isiert. Mit „Lego Pirates of the Caribbean“ ist nun auch Captain Jack Sparrow und seine Freibeuter-Crew an der Reihe. „Lego Pirates“ bedient sich aus den Handlungen der vier bislang erschienenen Blockbuster. Alle wichtigen Schauplätze – von Tortuga bis zur Isla Cruces – finden sich auch im Spiel wieder, nur eben im typischen Lego-Look.
Spielerisch bietet „Lego Pirates“ eine gelungene Mischung aus Rätsel-, Kletter- und Kampfeinlagen. Grundlegende Neuerungen darf man von dem aktuellen Klötzchen-Abenteuer allerdings nicht erwarten. Im Mittelpunkt steht wie immer das Teamwork: Der Spieler schlüpft abwechselnd in die Haut von Jack Sparrow, Elizabeth Swann, Will Turner oder anderen Charakteren, um die gestellten Aufgaben zu bewältigen. Jede der Figuren verfügt über besondere Eigenschaften: Sparrow besitzt einen magischen Kompass, mit dem er Schätze und Bauteile aufstöbert, Turner kann besonders gut mit der Wurfaxt umgehen. Unterwegs gilt es allerlei Kisten und Vasen zu zertrümmern, um daraus neues Baumaterial für Treppen und weitere Konstrukte zu gewinnen. Anders als im Original-Lego ist das Klötzchenschichten aber kein kreativer Akt, denn die Figuren bauen auf Knopfdruck selbst. Einen Tick kniffliger sind die Rätsel, bei denen man verschiedene Gegenstände finden und kombinieren muss – zum Beispiel mehrere Zahnräder und Hebel, die zusammengesetzt einen Türmechanismus aktivieren. Gewohnt harmlos sind die Kämpfe gegen feindliche Soldaten, Krokodile und Riesenkraken inszeniert: Besiegte Gegner zerfallen schlichtweg zu Legosteinen.
Immer für einen Lacher gut sind die Zwischensequenzen, mit denen „Lego Pirates“ die Handlung vorantreibt. Besonders der torkelnde, grimassierende Lego-Freibeuter Sparrow macht seinem Vorbild Johnny Depp alle Ehre. Wer die Filme nicht kennt, dürfte allerdings leichte Probleme haben, der Handlung zu folgen: Die Figuren unterhalten sich in einem lustigen, aber unverständlichen Gebrabbel. Ein Schwachpunkt des Spiels ist die bisweilen erratische Kameraführung: Bei Sprüngen über Abgründe kann die fehlende Übersichtlichkeit schnell mal zum Verhängnis werden. Den meisten Spaß macht „Lego Pirates“ im Koop-Modus mit einem menschlichen Mitspieler – einen Online-Modus sucht man allerdings vergebens. Alles in allem ist Lego Pirates aber eine kurzweilige und familienfreundliche Knobelei, die mit Detailreichtum und witzigen Charakteren besticht.
Lego Pirates of the Caribbean. Für PS3, Xbox 360 (je 50 Euro), Nintendo DS (40 Euro) und 3DS (45 Euro), Wii (40 Euro), PSP, PC/Mac (je 30 Euro). USK-Altersfreigabe: ab 6 Jahren.
Dirt 3
25.843.563. So viele Aufrufe hat das Video, das der US-Amerikaner Ken Block vor zwei Jahren auf Youtube hochlud. Block ist eigentlich Rallyefahrer – berühmt wurde er aber durch die Internetfilme, die ihn bei seiner Spezialdisziplin Gymkhana zeigen. Gymkhana ist so etwas wie Ballett plus Slalom auf vier Rädern: Möglichst spektakulär driften die Piloten über einen Parcours aus Pylonen, Strohballen und Reifenstapeln. Die Rennspielreihe „Dirt“ reitet auf der Modewelle mit: Sie hat den Gymkhana-Meister Block als Aushängeschild verpflichtet. Wer nun befürchtet, dass sich die traditionsreiche Serie von ihren Rallye-Wurzeln verabschiedet, darf beruhigt sein: „Dirt 3“ bietet ein sehr abwechslungsreiches Programm aus Kunst- und Straßenrennen.
Im Zentrum der Rennfahrerkarriere steht bei „Dirt 3“ die World Tour: Über einen Zeitraum von mehreren Saisons sammelt der Spieler Punkte und schaltet nach und nach neue Kurse frei. Mal brettert er dabei über staubige Steppenpisten in Kenia, mal rast er durch die winterlichen Wälder Finnlands, mal liefert er sich harte Kopf-an-Kopf-Rennen mit Monstertrucks bei einem Trailblazer-Wettbewerb. Auch Straßenrennen in Monaco und London stehen auf dem Programm. Besonders die Offroad-Fahrten sind mit blendendem Gegenlicht, Schneegestöber oder hochspritzender Schlamm ein intensives Erlebnis. Gleichwohl ist „Dirt 3 ein gutes Stück vom Realismusanspruch anderer Spiele – man denke nur an Gran Turismo oder Forza Motorsport – entfernt. Entwickler Codemasters hat bewusst keine waschechte Rennsimulation abgeliefert: Mit zuschaltbaren Fahrhilfen ist „Dirt 3“ sehr einsteigerfreundlich und begeistert auch jene, die mit exzessivem Tuning wenig am Hut haben. In den höheren Schwierigkeitsstufen ist das Spiel jedoch anspruchsvoll genug, um dauerhaft zu motivieren. Die Frustmomente sind deutlich seltener als etwa in Shift 2 Unleashed, wo eine aggressive Gegner-KI für rüde Rempeleien sorgt.
Mit hunderten von Automodellen appellieren Games wie „Gran Turismo 5“ an die Sammelleidenschaft: Der Spieler ist nicht nur Rennfahrer, sondern auch geschickter An- und Verkäufer. Bei „Dirt 3“ kommt dieser Aspekt etwas zu kurz: Die lang gehegten Lieblingswagen sind fast immer schwächer als die neuesten Modelle, die der Spieler bei einem Rennerfolg erhält. Auch in Sachen Präsentation geht „Dirt 3“ neue Wege: Das Menü ist nicht mehr in einem rustikalen Wohnmobil untergebracht, sondern schwebt in Pyramidenform über den Bildschirm, begleitet von einem Elektro-Soundtrack und körperlosen Stimmen. Aber auch wenn das Drumherum bisweilen aseptisch wirkt: Auf den Strecken wird „Dirt 3“ seinem Namen vollauf gerecht.
Dirt 3. Für PS3, Xbox 360 (je 70 Euro) und PC (50 Euro.) USK-Altersfreigabe: ab 6 Jahren.
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