Eurosport, ARD, ZDF: Wer überträgt die Tour de France 2017?
Die ARD muss entscheiden, ob sie dabei ist, wenn die Frankreichrundfahrt 2017 in Düsseldorf startet. Dieses Jahr lief es für die Sender nicht allzu gut.
So viel Tour de France wie in diesem Jahr gab es lange nicht mehr. Die ARD – die dem Sportereignis im Jahr 2012 den Rücken gekehrt hat, weil „das Interesse der Zuschauer nach den ständigen Doping-Skandalen die weitere Live-Übertragung“ nicht mehr gerechtfertigt hatte – war im vergangenen Jahr nach Frankreich zurückgekehrt. 2016 überträgt die ARD von den rund 3500 Kilometern sogar mehr als Eurosport, und das ohne Berücksichtigung der für den Privatsender so wichtigen Werbeinseln. Täglich ging die ARD um kurz nach 14 Uhr zunächst auf EinsFestival mit der Liveberichterstattung auf Sendung, kommentiert von Florian Kurz, der dann zumeist gegen 16 Uhr im Ersten von dem anderen Florian mit dem Nachnamen Naß und dem Außenreporter Michael Antwerpes abgelöst wurde, die dann bis zum Ende der Etappe am Hinterrad der Radfahrer blieben.
Das ZDF hatte sich gegen die Rückkehr zur Tour entschieden, nicht zuletzt aus finanziellen Gründen, da das Zweite sich stark bei der Champions League engagiert hat.
Der sportliche Wettkampf blieb hinter den Erwartungen zurück. „Ich hätte mir gewünscht, dass die deutschen Fahrer häufiger die Chance gesehen hätten, nach vorne zu fahren. Chris Froome dominiert die Tour in diesem Jahr natürlich“, sagte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky dem Tagesspiegel. In der Folge stagnierte die Zuschauerzahl. Zwischen 1,1 und 1,2 Millionen Zuschauer schalteten durchschnittlich ein, der Marktanteil von gut zehn Prozent bliebt ebenfalls extrem konstant, mit Spitzen an den Wochenenden. „Zufriedenstellend ist das natürlich nicht. Die sehr niedrige Zahl von deutschen Etappensiegen und die Dominanz von Chris Froome haben sicherlich nicht dazu beigetragen, den erhofften Sprung nach oben zu schaffen“, erklärt das Axel Balkausky. Bei EinsFestival verfolgten im Schnitt 100 000 Zuschauer den Beginn der täglichen Etappen. Der Marktanteil von EinsFestival ist dadurch von sonst 0,4 Prozent auf gut ein Prozent gestiegen.
Weniger gut ist es für Konkurrent Eurosport gelaufen. „Die Zuschauerzahl ist in diesem Jahr im Vergleich zu 2015 um bis zu 20 Prozent zurückgegangen. Das lag an den ersten Tourtagen sicher auch an anderen Sportereignissen wie dem Euro-Endspiel, der deutschen Wimbledon-Finalistin oder dem Formel-1-Rennen. Bislang hatten wir zudem nur einen deutschen Etappensieger, 2015 waren es Stand Donnerstag schon fünf“, sagte Eurosport-Direktor Werner Starz auf Anfrage. Dabei ist das Interesse an der Tour international gesehen gleich hoch oder sogar etwas höher als im Vorjahr. „In Großbritannien lag der Zuwachs bei 40 Prozent“, so Starz.
Alle Werbeplätze ausgebucht
Dennoch muss auch Eurosport sich nicht grämen: „Der Radsport hat an Attraktivität wieder stark gewonnen. Mit vier Sponsoren sind wir absolut ausverkauft, auch bei den Werbespots sind wir im Grunde komplett ausgebucht“, sagte Starz dem Tagesspiegel. Nicht nur zur Freude der Zuschauer, zumal Eurosport anders als die ARD die Tour überdies kostenlos nur in Standard-Definition überträgt. Allerdings hat Eurosport auch einen anderen Blick auf die Tour als die ARD. Der öffentlich-rechtliche Sender bietet eine Mischung aus Radsport sowie von Land und Leuten, eine Art visueller Frankreichurlaub light. Eurosport betont den Sportaspekt, Veränderungen finden hier auf andere Weise statt. Die Tour-Legende Greg LeMond wird für die Analyse aktiv ins Geschehen eingeblendet. Zudem freut sich der Privatsender darüber, dass das Interesse der deutschen Zuschauer für den Radsport insgesamt zunimmt. „In diesem Jahr haben bei Eurosport alleine in Deutschland elf Millionen Zuschauer Radsport gesehen, das sind zehn Prozent mehr im Vorjahr“, so Starz. Und nächstes Jahr findet der Tour-Start in Düsseldorf statt. „Wir gehen dann von vornherein von einem sehr großen Interesse in Deutschland aus. Dann wird sicherlich auch einiges im redaktionellen Umfeld gestaltet, um die Zuschauer früher in die Berichterstattung zu bekommen.“
Und was macht das Erste, wenn die Tour nach Deutschland kommt? Der Zweijahresvertrag mit der ASO läuft nach dem Ende der diesjährigen Tour aus. „Ich persönlich würde es gerne sehen, dass wir mit der Tour-Liveberichterstattung weitermachen. Ich halte die Tour nach wie vor für eines der größten Sportereignisse der Welt und glaube, dass es dem Ersten gut ansteht, darüber ausführlich zu berichten“, sagte ARD-Sportkoordinator Balkausky dem Tagesspiegel. Die Entscheidung über einen neuen Tourvertrag fällt im Herbst, nachdem sich alle relevanten ARD-Gremien damit befasst haben. „Ob das ZDF dann wieder dabei ist, spielt für uns zunächst keine Rolle. Jeder entscheidet für sich allein.“
Das Thema Doping muss den Verantwortlichen der ARD hinsichtlich der Tour-Berichterstattung allem Anschein nach keine Magenschmerzen mehr bereiten. Hajo Seppelt, oberster Doping-Experte der ARD, will den Radsportlern zwar kein Pauschal-Attest dafür ausstellen, dass nun bei jedem Rennfahrer ein grundsätzlicher Sinneswandel eingesetzt hat. Allerdings haben die Doping-Bekämpfungsmaßnahmen von Weltradsportverband UCI und Tour-Organisator ASO sich ausgezahlt. In Sachen Doping sei der Radsport derzeit weit weniger gefährdet als andere Sportarten wie unter anderem die Leichtathletik. „Der Radsport hat inzwischen elementar viel getan bei der Doping-Bekämpfung, er ist sehr viel weiter als andere Sportarten. Es war gut, dass wir gezeigt haben, wann man aussteigen muss“, meint Axel Balkausky dazu.
Bora-Argon 18 immer im Blick
Weniger verständlich war vielen ARD-Zuschauern bei der diesjährigen Tour die häufige Nennung des deutschen Teams Bora-Argon 18 und dessen Kapitän Emanuel Buchmann. Der Kochfeldhersteller Bora aus Deutschland sponsert nicht nur den Rennstall, sondern ist auch Präsentator der Tour in der ARD. Und keinem anderem Team oder anderem Kapitän kommt das Erste so nah wie Bora oder Buchmann, inklusive Besuche in der Reporterkabine, Interviews vor und nach der Etappe und Mitfahrten im Wagen des sportlichen Leiters. In den Zuschriften von Zuschauern sei von einem Hype die Rede, hatte Tour-Kommentator Florian Naß berichtet. Für den ARD-Sportkoordinator ist die Kritik unberechtigt. „Wir arbeiten völlig unabhängig davon, wer Sponsor ist. Wir kritisieren Sportarten, wir kritisieren Turniere und Verbände. Da nehmen wir auch keine Rücksicht auf Sponsoren. Dass Emanuel Buchmann so häufig genannt wird, hat etwas damit zu tun, dass er der aussichtsreichste deutsche Gesamtfahrer ist, auch wenn er im Vergleich mit Chris Froome derzeit noch weit davon entfernt ist“.