Grimme-Wettbewerb: Wenn Fernsehen, dann Film
Dieser Rekord ist egalisiert. Heinrich Breloer, der Meister des Dokudramas à la "Todesspiel" oder "Die Manns", liegt mit sieben Preisen im "Medaillenspiegel" des Adolf-Grimme-Instituts nicht mehr allein auf Platz eins. Regisseur Dominik Graf hat ihn eingeholt.
Für seinen Film „Eine Stadt wird erpresst“ (ZDF/Arte) hat Dominik Graf seinen siebten Grimme-Preis gewinnen können. Das Institut lobte insgesamt die hohe Qualität der Fernsehfilme in Deutschland. Während die Jury zudem das Niveau der Informationssendungen unterstrich, kritisierte sie bei der Unterhaltung einen „gewissen Mangel an frischen Ideen, neuen Konzepten und originellen Realisationen“. Deutschland lacht – aber worüber!
In den Kategorien Fiktion, Information und Kultur sowie Unterhaltung wurden bei 59 Nominierungen zwölf Auszeichnungen vergeben (siehe Kasten). Die „Besondere Ehrung“ des Deutschen Volkshochschulverbandes als Stifter des Grimme-Preises geht in diesem Jahr an die Schauspielerin Iris Berben. Diese Auszeichnung stand bereits zuvor fest. Alle Preise werden am 4. April im Stadttheater Marl vergeben.
Am erfolgreichsten war in diesem Jahr das ZDF mit sieben Preisen, wie stets dominierte das öffentlich-rechtliche Fernsehen mit zehn Auszeichnungen auch den 44. Grimme-Preis, der Beiträge des Fernsehjahres 2007 zu jurieren hatte. Wenn das Privatfernsehen gewinnt, dann in der Unterhaltung. „Fröhliche Weihnachten“ (Sat 1) mit Bastian Pastewka und Anke Engelke ist eine prima Sache, eine Überraschung, eine Novität sieht anders aus. Pastewka und Engelke haben da ihre Erfolgsspur vertieft, einen neuen Weg wollten sie nicht gehen. „Dr. Psycho“ mit Christian Ulmen darf als eine Riesentat für Pro 7 gepriesen werden; zugleich stellt der Preis hoffentlich eine Motivation dar, der zweiten Staffel (Start für Juni geplant) wenigstens eine dritte folgen zu lassen.
Der Fernsehfilm, das ist momentan der Honigtopf des Mediums. Was da beinahe Woche für Woche in der ARD am Mittwoch, beim ZDF am Montag und stellenweise auch bei RTL („Prager Botschaft) und anderen Privatsendern dem Publikum angeboten wird, das ist Lob, Ehre und Preis wert. Grimme-Direktor Uwe Kammann betonte zu Recht, das deutsche Fernsehen sei gerade im fiktionalen Bereich „weiterhin erstklassig“. Die hohe Qualität habe dazu geführt, dass „absolut preiswürdig bewertete Filme“ leer ausgegangen seien. Die Jury hat an dem Zweiteiler „Contergan“ (ARD/WDR) vorbeigesehen, was im höchsten Maße bedauerlich ist. „Contergan“ in der Regie von Adolf Winkelmann hat nicht nur für ein großes Publikum den größten Arzneimittelskandal der Bundesrepublik ins Gedächtnis zurückgerufen, seine Wirkungen und Nebenwirkungen waren und sind beträchtlich: Die Herstellerfirma Grünenthal ist mit den Opfern des Medikamentes wieder im Gespräch, die noch immer nicht beendeten juristischen Auseinandersetzungen um Details der Handlung und der Figurenzeichnung haben die Frage nach der Kunstfreiheit erneut auf ein höchstrichterliches Niveau geführt. „Contergan“ ist weit mehr als ein Fernsehfilm zur Primetime.
Im Bereich der Information zeigt sich am deutlichsten, was Grimme ist: ein Preis der Fernsehkritik. Fernsehkritiker sind Feinschmecker, Subjektivisten, Hochleistungsgucker, Nachteulen. Zum Beispiel „Unser täglich Brot“ (ZDF/3sat/Arte), ein radikaler Beitrag über mechanisierte Nahrungsmittelproduktion. Der Film hat eine Idee und sogar eine Durchführungsidee und gleitet dann ins Perpetuum mobile ab. Der bildhaft gewordene Schrecken über das Tier als Industrieware findet kein Ende. Kein Film, sondern Bilder einer Ausstellung. Soll heißen: Wer für die hochgewichtige und analog zu „Contergan“ über das Medium hinausweisende Dokumentation „Das Schweigen der Quandts“ (ARD/NDR) keinen Preis findet, der soll auch seinen Frieden nicht finden. Skandälchen.
Kategorien und Preisträger
Wettbewerb Fiktion:
„Eine andere Liga“ (ZDF/Arte), Buket Alakus (Buch/Regie), Jan Berger (Buch) sowie die Schauspieler Karoline Herfurth, Ken Duken und Thierry van Werveke.
„Eine Stadt wird erpresst“ (ZDF/ARTE), Dominik Graf (Buch/Regie), Rolf Basedow (Buch), Alex Fischerkoesen (Kamera), Uwe Kockisch (Darstellung).
„Guten Morgen, Herr Grothe“ (ARD/WDR): Beate Langmaack (Buch), Lars Kraume (Regie), Sebastian Blomberg, Ludwig Trepte (Dartstellung), Nessie Nesslauer (Casting).
„KDD – Kriminaldauerdienst“ (ZDF): Orkun Ertener (Buch), Kathrin Breininger (Produktion), Manfred Zapatka (stellvertretend für das Darstellerteam).
„An die Grenze“ (ZDF/Arte): Stefan Kolditz (Buch), Urs Egger (Regie), Christian Granderath (Produktion), Jacob Matschenz, Bernadette Heerwagen (Darstellung).
Wettbewerb Unterhaltung:
„Dr. Psycho“ (Pro Sieben): Ralf Husmann (Headwriter), Ralf Huettner, Richard Huber (Regie), Christian Ulmen (stellvertretend für das Darstellerteam).
„Fröhliche Weihnachten“ (Sat 1): Anke Engelke, Bastian Pastewka (Darstellung).
Wettbewerb Information & Kultur:
„Unser täglich Brot“ (ZDF/3sat/ORF): Nikolaus Geyrhalter (Buch, Regie, Kamera) und Wolfgang Widerhofer (Buch, Schnitt, Dramaturgie).
„Das kurze Leben des José Antonio Gutierrez“ (ZDF/Arte): Heidi Specogna (Buch/Regie).
„Zwischen Wahnsinn und Kunst“ (SWR/ZDFdokukanal): Christian Beetz (Buch/Regie).
„monks – transatlantic feedback“ (ZDF/3sat/HR): Dietmar Post, Lucía Palacios (Buch/Regie).
„Luise – eine deutsche Muslima“ (NDR/WDR/Arte: Beatrix Schwehm (Buch/Regie).
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