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Die AfP setzt auf Wählerbindung durch Fruchtgummis.
© dpa

"Hart aber fair" zu Erfolg der AfD: Wenig Erkenntnisgewinn, aber munter und lebhaft

Laut und polemisch geht es bei "Hart aber fair" zu. AfD-Sprecher Bernd Lucke gerät dabei mit dem Journalisten Michel Friedman aneinander.

"Hart aber fair" unter allen Talkshows sicher die mit den starrsten Ritualen. Der lange und meistens ziemlich geschraubte Anfangsmonolog von Moderator Frank Plasberg. Der Faktencheck, der immer dann ins Spiel kommt, wenn es Unklarheiten gibt, die keiner lösen kann. Die ausgewählten Zuschauermeinungen, die zeigen, das auch Leute vor den TV-Apparaten nicht die Intelligenz gepachtet haben. Die alberne Schlussrunde, wo Phantasie und Witz gefordert sind, es aber immer darum geht, was der eine Gast gerne mit einem anderen Gast machen würde.

Rituale sind dann gut, wenn das Thema oder die Gäste langweilig sind. Aber einen Tag nach der Europawahl über "Europas Wutbürger – Abschottung statt Toleranz?" zu reden und das mit Talkshow-Profis wie der Grünen-Politikerin Claudia Roth, dem CSU-Vordenker und Publizist Wilfried Scharnagl, dem Leiter des "Spiegel"-Hauptstadtbüros Nikolaus Blome und dem Journalist und TV-Moderator Michel Friedman, da ist befürchtete Langeweile erst mal ganz weit weg. Und wirklich, es wird gleich laut und polemisch. Die AfD hat bei der Europawahl 7 Prozent gewonnen, meilenweit entfernt von den knapp 25 Prozent des rechtsextremen französischen Front National, den 23,2 Prozent der Dänischen Volkspartei und den 20,5 Prozent der rechts-populistischen FPÖ. Aber "Hart aber fair" keine typische deutsche Talkshow, wenn nicht schon in den ersten Minuten politische Totschlag-Argumente wie "Neonazis", "rechtsextreme Partei", "gestrige und national-orientierte Thesen", "dumpfe und gefährliche Politik", "törichter und zerstörerischer Nationalismus" und "Entartung" durch die Luft fliegen würden.

AfD-Chef beschimpft Friedman

Das ist zwar falsch, aber wenigstens unterhaltsam. In Deutschland hat kein Rechtsputsch stattgefunden und AfD-Parteiboss und Professor für Volkswirtschaftslehre Bernd Lucke wird mit seinen "hellbraunen" Parteimitgliedern in den nächsten Tagen nicht die EU abschaffen. Nach kurzen Abschweifungen, zum Beispiel über das schlechte Wahlergebnis der CSU, kommt  von Michel Friedman der wirklich gute Hinweis, dass man über einige Themen der AfD, zum Beispiel über die Angst vor Einwanderung, die Angst vor dem Weltsozialstaat Deutschland und die Angst vor Bürokratie ernsthaft reden und sie politisch - konstruktiv beantworten sollte. Aber dieses zarte Pflänzchen einer mal phrasenfreien Diskussion wird gleich brutal zertreten. Lucke bittet den Moderator unsouverän um Hilfe, weil ihn niemand ausreden lässt. Der Moderator verweigert den Beistand. Friedman polemisiert. Und dann flippt der Professor für Volkswirtschaftslehre aus und beschimpft Friedman, dass er endlich mal die Klappe halten soll.

Kaum Erkenntnisgewinn

Nach etwas Lucke-Bashing, einigen lautstarken Wortgefechten und den nervigen Zuschauermeinungen ist die Sendung schon vorbei. Fazit: Wenig Erkenntnisgewinn, aber immerhin lebhaft und munter. Von den sechs Teilnehmern sind vier Journalisten. Das Motto von "Hart aber fair" – Wenn Politik auf Wirklichkeit trifft – ist damit sicher falsch. Aber wenn in der Talkshow-Wirklichkeit Politik auf Medienschaffende trifft und deshalb der Fernsehschlaf ausfällt, dann ist das doch auch nicht zu verachten. 

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