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Eingeständnis und Erklärung eines Irrtums: Bild.de zum falschen SPD-Kanzlerkandidaten
© Tsp

Entschuldigung und Erklärung: Warum "Bild" sich beim SPD-Kanzlerkandidaten irrte

"Bild" hatte Sigmar Gabriel zum SPD-Kanzlerkandidaten ausgerufen - und erklärt jetzt die falsche Berichterstattung.

Für Bild.de und "Bild" war die K-Frage bei der SPD schon am 9., respektive 10. Januar entschieden: "Gabriel hat sich entschieden" und "Er macht's" stand zu zu lesen. Am Dienstag nun erklärte Sigmar Gabriel seinen Verzicht zugunsten von Martin Schulz. "Bild" hatte falsch gelegen, was Bild-de-Chef Julian Reichelt in einem Tweet sofort eingestand: "Bei der K-Kandidatur von @sigmargabriel" haben wir falsch gelegen. So etwas sollte nicht passieren und dafür entschuldige ich mich. Wie es passiert ist, werden wir so sauber wie möglich dokumentieren." Auf Bild.de und in der Mittwochausgabe des Boulevardblattes erklärte die Redaktion, warum "Bild falsch lag". Zitat: "Die handfesten Hinweise und Äußerungen stammten seit Sommer 2016 aus zahlreichen Gesprächen mit SPD-Spitzenpolitikern, Vertrauten - und Gabriel selbst." Praktisch die gesamte Parteiführung sei Anfang des Jahres fest davon ausgegangen, dass "die Kandidaten-Frage entschieden sei". Auch auf mehrfache Nachfrage bei der Recherche für die "Bild"-Geschichte vom 10. Januar sei auf der Gabriel-Seite kein anderer Eindruck erweckt. "Trotzdem: Am Ende überraschte Sigmar Gabriel die Republik - und auch Bild", heißt es im Text auf Seite 2.

Reue mischt sich mit Vorwurf

Bei aller Reue schwingt schon auch ein Vorwurf mit: Warum hat die Gabriel-Seite nur de Eindruck erweckt, der Bundeswirtschaftsminister und SPD-Parteivorsitzende sei auch Kanzlerkandidat? Es wird interessant zu sehen und zu lesen sein, wie das Springer-Blatt über Sigmar Gabriel in nächster Zeit berichtet. Die in der "Bild"-Historie ungewöhnliche Entschuldigung zeigt zugleich, dass in Zeiten von Fake News und alternativen Fakten Fehlinformationen doppelt unangenehm sind und doppelt unangenehm auffallen. Schnelligkeit vor Gründlichkeit wird auch im Boulevard nicht mehr alleinige Maxime sein. "Bild" war mit seinem Irrtum nicht allein, auch "Spiegel" und Deutschlandfunk gingen von einem Kanzlerkandidaten Gabriel aus. Der urteilt über den Hauptstadt.-Journalismus aktuell so: "Der Berliner Medienbetrieb lässt sich sehr oft nur von der eigenen Fantasie treiben, nicht von der Realität." Dieses "Kompliment", wenn es denn überhaupt stimmt, lässt sich beileibe nicht allein für den Politjournalismus ausstellen, sondern mindestens genauso für den Berliner Politikbetrieb.

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