Berichterstattung über Rassismus in Sachsen: Wächterpreis für Matthias Meisner
Der Tagesspiegel-Redakteur wurde für seine Reportage über das Twitter-Projekt "Straßengezwitscher" geehrt.
Sachsen, Sommer 2015. Die beiden Flüchtlingsaktivisten Hannes und André, die eigentlich anders heißen, steuern ihren dunkelgrünen Skoda durch das kleine Städtchen Freital.
Hier ist die Tankstelle, an der Rechtsradikale ein Auto mit angeblichen Flüchtlingsunterstützern von der Straße drängten und es mit Baseballschlägern attackierten. Da der Parkplatz, wo sich ein Mob sammelte um gegen eine Flüchtlingsunterkunft zu demonstrieren. Sie sind nicht allein. Mit ihnen im Wagen sitzt Matthias Meisner, und schreibt mit.
Für seine Reportage über die Betreiber der Initiative „Straßengezwitscher“, die den alltäglichen Rassismus in Sachsen auf Twitter dokumentieren, hat der Tagesspiegel-Redakteur nun den mit 6000 Euro dotierten „Wächterpreis der Tagespresse“ bekommen. Er teilt sich den zweiten Platz mit Alexander Schneider, Tobias Wolf und Ulrich Wolf von der „Sächsischen Zeitung“, für die er in den Neunzigerjahren als Parlamentskorrespondent tätig war.
„Der Preis ist für mich ein Ansporn, weiterzumachen“, sagt der 54-Jährige. Gerade in den sozialen Medien könne man sehr gut verfolgen, wie sich die Anti-Asylszene entwickelt. Der Preis sei aber auch eine Anerkennung für das Twitter-Projekt „Straßengezwitscher“, „das in ganz besonderer Form Zivilcourage gezeigt hat“.
Pegida, die AfD, aber auch die Linkspartei sind die bevorzugten Themen Meisners, der seit 1999 Redakteur des Tagesspiegels ist. „Ich möchte die ermutigen, die sich gegen rechte Umtriebe wehren“, sagt er.
Den ersten Platz des Wächterpreises belegt die „Welt“-Journalistin Pia Heinemann für einen Artikel über Fehlentwicklungen im deutschen Krankenhauswesen. Auf Platz drei landen Anne Kunze, Bettina Malter, Stephan Lebert und Fritz Zimmermann, die in der „Zeit“ über Probleme des Mindestlohns geschrieben haben. Der Wächterpreis wird seit 1969 jährlich von der Stiftung „Freiheit der Presse“ vergeben. Am 10. Mai werden die Preisträger im Frankfurter Römer geehrt.
Martin Niewendick