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Tina Hassel
© WDR/Jürgen Welter

ARD-Hauptstadtstudio: Von Mann zu Frau

Tina Hassel wird neue Chefredakteurin und Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios in Berlin. Die wichtigsten Kabinettsmitglieder kennen sie über deren Besuche in Washington.

Die WDR-Journalistin Tina Hassel soll im Juni 2015 die Chefredaktion und die Leitung des ARD-Hauptstadtstudios in Berlin übernehmen. Der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor sagte, die Intendanten hätten sich einhellig auf diesen Vorschlag geeinigt. Der RBB-Verwaltungsrat müsse der Personalie noch zustimmen. Hassel wird dann auf Ulrich Deppendorf folgen, der 2015 in den Ruhestand geht. Marmor lobte Hassel als „sehr kompetente Korrespondentin“, die bereits in Brüssel, Paris und Washington gearbeitet hat. Sie verfüge genau über das Profil, das die Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios mitbringen solle. Hier entstehen die bundespolitischen Nachrichtenbeiträge für Radio und Fernsehen der ARD, unter anderem für „Tagesschau“ und „Tagesthemen“.

Kontinuität und Neuerung

In der Personalie stecken Kontinuität und Neuerung. Es ist Tradition in der ARD, dass der größte und mächtigste Sender im Verbund, der Westdeutsche Rundfunk, die Spitzenposition der Studios am Regierungssitz besetzt. In Bonn waren das Ernst Weisenfeld, Helmut Hammerschmidt, Günter Müggenburg, Gerd Ruge, Friedrich Nowottny, Ernst Dieter Lueg und Martin Schulze, in Berlin Ulrich Deppendorf, dann Thomas Roth, seit 2007 wieder Deppendorf. Jetzt bricht mit Tina Hassel erstmals eine Frau in diese ARD-Männerdomäne ein (das ZDF-Hauptstadtstudio wird seit 2010 von Bettina Schausten geleitet).

Die 49-jährige Hassel kommt aus der amerikanischen in die deutsche Hauptstadt. Seit Juli 2012 leitet die Journalistin das ARD-Studio Washington. Zuvor war sie von 2002 bis 2012 Auslandschefin des WDR. Sie moderierte unter anderem den „Weltspiegel“, den „Internationalen Frühschoppen“, den „Presseclub“ und zahlreiche Sondersendungen, zudem ist sie Kommentatorin der „Tagesthemen“. Die gebürtige Kölnerin hat in Deutschland und Frankreich Geschichte, Germanistik und Politik studiert. Schon vor ihrem WDR-Volontariat arbeitete sie für verschiedene Radio- und TV-Stationen in Deutschland und Frankreich. Von 1994 bis 2001 war Hassel ARD-Korrespondentin in Paris und Brüssel.

Dass die Journalistin zeit ihrer Karriere nicht stets den engen Kontakt mit der deutschen Innen- und Parteipolitik hatte, muss kein Nachteil sein. Sie hat den Überraschungseffekt auf ihrer Seite, vielleicht gar eine neue Sicht auf die Berliner Politszene. Dem Tagesspiegel sagte sie mit Blick speziell auf ihre Brüsseler und Washingtoner Jahre, es gebe eine Menge Themen, die sofort deutsch-europäisch würden oder sogleich das deutsch-amerikanische Verhältnis beträfen – Edward Snowden und die NSA nur zum Beispiel. Auf jeden Fall hätte sie, die sich einen „Politjunkie“ nennt, in Washington ihr journalistisches Rüstzeug geschärft, unbedingt notwendig auch, da die Obama-Administration zur strikten „Message Control“ übergegangen sei. „Da braucht es guten, gewieften Journalismus, um diese Blockade zu überwinden.“ Die hoch ideologisierte US-Politik finde mittlerweile in den Schützengraben statt. Die deutsche Politik hält Tina Hassel selbst bei größten Streitfragen für „kommunikationsfähig“.

Kanzlerin Angela Merkel, die wichtigsten Kabinettsmitglieder bis hin zu den führenden Spitzenpolitikern der Parteien kenne sie über deren Besuche in Washington. Vertiefte Kontakte und mehr Kenntnisse über die neue Aufgabe erwartet sie aus den „Paarläufen“ mit Ulrich Deppendorf noch vor ihrem Amtsantritt. Es ist zu erwarten, dass sie dann auch die Leitung und Moderation des „Berichts aus Berlin“ übernehmen wird.

Bei aller Vorfreude auf die Arbeit in Berlin weiß die verheiratete Mutter von drei Kindern schon, was sie vermissen wird: die Grundüberzeugung der Amerikaner, dass etwas gewagt werden soll und Risiken belohnt würden. „Es wird nicht gejammert.“

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