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© Arte.

Zeitzeugen: Vom Krieg und seinen Bildern

Zwei Arte-Dokus erinnern an ein berühmtes Foto aus Vietnam – und an den Konflikt im Nachbarland Laos

Eine Gruppe Kinder läuft über eine Straße auf den Betrachter zu. Darunter ist ein Mädchen, nackt, schreiend, die Arme ausgebreitet. Im Hintergrund einige Soldaten, dichte Rauchwolken. Das Schwarz-Weiß-Foto vom 8. Juni 1972, aufgenommen vom US-Fotografen Nick Ut nach einem Napalmangriff auf das vietnamesische Dorf Trang Bang, gehört zu den bedeutendsten journalistischen Bildzeugnissen des 20. Jahrhunderts. Es hat sich eingeprägt ins kollektive Gedächtnis. Vom Krieg im Nachbarland Laos, das ebenfalls jahrelang aus der Luft bombardiert wurde, gibt es dagegen so gut wie keine Bilder. Keine schlechte Idee also, dass Arte zwei bemerkenswerte Filme über den Kriegsschauplatz Südostasien während der sechziger und siebziger Jahre kombiniert: „Amerikas geheimer Krieg in Laos“ beschreibt eine Leerstelle im historischen Gedächtnis, „Das Mädchen und das Foto“ erzählt dagegen die Geschichte einer Ikonisierung.

Kim Phuc überlebte den Angriff südvietnamesischer Flugzeuge, die US-Bomben auf eigene Leute warfen, wohl nur, weil sich Journalisten um sie kümmerten. Nick Ut brachte sie in ein Krankenhaus, ein britischer Kollege sorgte dafür, dass das schwer verbrannte Mädchen ins Militärhospital verlegt wurde. Das weltweit verbreitete Foto, das Ut den Pulitzerpreis einbrachte, machte sie in der Heimat berühmt, wo Kim Phuc vom Regime zu Propagandadiensten verpflichtet wurde. In den achtziger Jahren wanderte sie nach Kuba aus, lernte ihren Mann kennen und beschloss, im Westen neu anzufangen. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Toronto. „Ich wünschte, dieses Foto wäre nie gemacht worden“, sagt Kim Phuc. US-Präsident Nixon hätte auch gerne auf ein solch erschütterndes Bild verzichtet, wie die Abhörbänder aus dem Weißen Haus bestätigen. Nick Ut fotografiert derweil in Los Angeles Prominente und hat 35 Jahre später ein weiteres Bild fabriziert, das weltweit verbreitet wurde: Paris Hilton, die Ikone der Bedeutungslosigkeit, weinend im Auto, auf dem Weg ins Gefängnis. Ut führt stolz vor, wie er das Hilton-Foto aufgenommen hat. Mit Kim Phuc ist er befreundet. Für den Film haben sie sich im Newseum, einem Museum für Journalismus in Washington D.C., vor die berühmte Abbildung gesetzt – zwei Menschen, winzig klein im Vergleich zum Foto im Riesenformat.

Während der Film von Marc Wiese von solchen Momenten lebt, ist Marc Eberles „Amerikas geheimer Krieg in Laos“ eine beeindruckende journalistische Spurensuche. Über zwei Millionen Tonnen Bomben detonierten zwischen 1965 und 1973 in dem von sechs Millionen Menschen bevölkerten Staat. Zwar stimmten die USA 1962 dem Rückzug aller Militärberater zu, doch die CIA betrieb weiter eine geheime Militärbasis. 1965 wurde Laos zum Nebenschauplatz des Vietnamkriegs. Die Weltöffentlichkeit nahm davon kaum Notiz. Mit Hilfe von Archivbildern, Zeitzeugen und aktuellen Reiseeindrücken ruft Eberle diesen vergessenen Stellvertreterkrieg in Erinnerung.

„Amerikas geheimer Krieg in Laos“, 20 Uhr 15. „Das Mädchen und das Foto“, 21 Uhr 10, beide Arte, Mittwoch.

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