Vorerst keine Erhöhung des Rundfunkbeitrags: Verfassungsgericht lehnt Eilanträge ab
Das Bundesverfassungsgericht weist die Eilanträge gegen die Blockade aus Sachsen-Anhalt ab. ZDF-Intendant Bellut ist dennoch nicht entmutigt.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Eilanträge der Intendanten von ARD, ZDF und Deutschlandradio gegen die Blockade von Sachsen-Anhalt gegen den Medienänderungsstaatsvertrag am Dienstag zurückgewiesen.
Reiner Haseloff, der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt hatte die Vorlage zur Novelle des neuen Rundfunkstaatsvertrages zurückgezogen. Damit verhinderte er eine Abstimmung darüber im Magdeburger Landesparlament, bei dem die Ratifizierung mit den Stimmen von CDU und AfD hätte abgelehnt werden können. Gegen eine gemeinsame Linie der beiden Parteien zur geplanten Erhöhung der Rundfunkgebühr um 86 Cent auf 18,36 Euro hatte ea massive Kritik gegeben.
Über die Verfassungsbeschwerden der öffentlich-rechtlichen Sender ist damit allerdings noch nicht entschieden. Das Bundesverfassungsgericht schreibt zur Begründung der Abweisung, dass die Verfassungsbeschwerden zwar „weder offensichtlich unzulässig noch offensichtlich unbegründet“ seien. Dabei verweist das Gericht auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der eine Verletzung der durch das Grundgesetz geschützten Rundfunkfreiheit zumindest möglich sei.
Anträge nicht ausreichend dargelegt
Die Beschwerdeführer haben aber nach Ansicht der Richter nicht nachvollziehbar dargelegt, dass ihnen durch ein Abwarten bis zum Abschluss des Verfassungsbeschwerdeverfahrens schwere Nachteile entstehen. So hätten die Sender nicht näher dargelegt, „dass eine verfassungswidrige Verzögerung des Inkrafttretens der Änderung des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags irreversibel zu schweren Nachteilen“ führt. Der Änderung des Rundfunkstaatsvertrages und der Erhöhung des Rundfunkbeitrages müssen alle 16 Landesparlamente zustimmen. Da dies nicht erfolgt ist und die Eilanträge von Karlsruhe zurückgewiesen wurden, kann die Novelle und somit auch die Beitragsanhebung zum 1. Januar 2021 nicht wirksam werden.
Der Erste Senat lehnte es auch ab, die Verfallsklausel im Änderungsstaatsvertrag vorübergehend außer Kraft zu setzen. Sie sieht vor, dass der Vertrag gegenstandslos wird, wenn bis Jahresende nicht sämtliche Ratifikationsurkunden da sind. Die Sender hätten nicht vorgetragen, weshalb die Klausel einer späteren Anhebung des Beitrags im Wege stehen sollte.
Unterschiedliche Reaktionen von ARD und ZDF
In einer ersten Reaktion nach dem Karlsruher Beschluss schrieb ZDF-Intendant Thomas Bellut: "Das ZDF hat die Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Kenntnis genommen und wartet das Verfahren in der Hauptsache ab. Ermutigend ist der Hinweis in der Begründung, dass eine Verletzung der Rundfunkfreiheit angesichts der bisherigen Rechtsprechung möglich ist."
Auch der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow meldete sich am Abend noch zu Wort: „Wir müssen nun unsere Finanzplanungen anpassen. Ein Ausbleiben der Beitragsanpassung wird gravierende Maßnahmen erfordern, die man im Programm sehen und hören wird“, sagte er zu dpa. Man werde nun gemeinsam beraten.
Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes Frank Überall hofft, dass das Bundesverfassungsgericht schnell ein Urteil fällt: „Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk drohen ohne den höheren Beitrag Einbußen im Programm, die auch die Hörer und Zuschauer bemerken würden.“
"Ostdeutschland unzureichend repräsentiert"
Die CDU von Sachsen-Anhalt hatte ihre ablehnende Haltung gegen die Erhöhung des Beitrags unter anderem damit begründet, dass die ostdeutschen Länder weder mit Blick auf die Gemeinschaftseinrichtungen der Sender noch bei der Ausrichtung des Programms dem Westen gleichgestellt seien. Die Sender verweisen hingegen darauf, dass die Entscheidung zur Anpassung des Beitrages nicht an inhaltliche Fragen gekoppelt werden darf.
Der sachsen-anhaltische Ministerpräsident Reiner Haseloff hatte am Dienstag noch einmal nachgelegt. „ARD und ZDF sind in vielen Sparten Westfernsehen geblieben“, hatte er der „Welt“ gesagt. Zudem kritisierte der CDU-Politiker das Auftreten des ARD-Vorsitzenden Tom Buhrow im Streit um die Erhöhung des Rundfunkbeitrags.
Aktuell liegt der Rundfunkbeitrag bei 17,50 Euro. Den zusätzlichen Bedarf von 86 Cent im Monat hatte eine unabhängige Kommission, die KEF, ermittelt. Es wäre die erste Erhöhung seit 2009. Sie soll eine Finanzlücke von 1,5 Milliarden Euro in der Gebührenperiode von 2021 bis 2024 ausgleichen. Der Rundfunkbeitrag, der seit 2013 nicht mehr als geräteabhängige Gebühr, sondern je Wohnung erhoben wird, ist die Haupteinnahmequelle für die öffentlich-rechtlichen Sender.