Spielestudios: Vampirjagd und Mindestlohn
Die Berliner Computerspielbranche wächst ständig. Auch in der Waldemarstraße in Kreuzberg wird eifrig an neuen Games gebastelt: Dort sitzt das Studio "Happy Tuesday". Doch wie behauptet man sich als unabhängiger Spiele-Entwickler? Ein Interview mit Geschäftsführer Karsten Härle.
Herr Härle, Ihr Unternehmen hat keine einfache Zeit hinter sich...
2011 gründeten wir Happy Tuesday mit gerade mal drei Leuten. Schon damals begannen wir mit der Entwicklung unseres Spiels "Haunted Island". 2014 vereinbarten wir eine Zusammenarbeit mit den Amazon Game Studios. Ziel war, "Haunted Island" als exklusiven Start-Titel für die Kindle Fire HDX Tablets zu positionieren, die im Herbst 2014 auf den Markt kamen. Leider wurden die diese Geräte dann frühzeitig wieder vom Markt genommen - und so endete die vielversprechende Partnerschaft im Dezember 2014 recht unschön. Wir konnten die Nachwirkungen inzwischen intern kompensieren, auch unsere Mitarbeiter konnten wir halten. Das alles war eine sehr wichtige Erfahrung und hat uns erwachsen werden lassen. Momentan beschäftigen wir rund 25 Mitarbeiter, viele davon sind Freelancer, die projektbezogen bezahlt werden.
Wie finanziert sich Happy Tuesday heute?
Unser Geschäft ruht im Wesentlichen auf drei Säulen. Die erste Säule ist unser eigenes Spiel, also "Haunted Island", an das wir unsere eigenen Maßstäbe ansetzen. Die zweite Säule sind Auftragsarbeiten für große Spielefirmen wie Wooga, Innogames und Goodgame Studios, vor allem im Bereich Art Design. Die dritte Säule sind White-Label-Komplettlösungen für Firmen. Das reicht von Konzeption und Gamedesign über Programmierung, Grafik, Animation und Sound bis hin zur Monetarisierung.
Wie sieht das Konzept für Haunted Island aus?
"Haunted Island" ist ein Tower-Defense-Spiel mit Rollenspiel-Elementen und einer durchgängigen Story. Fünf Helden wollen einen mächtigen Vampirfürsten besiegen und müssen dafür eine ganze Armee von Untoten besiegen. Anders als üblich spielt man nicht mit statischen Verteidigungstürmen, sondern mit beweglichen Charakteren, die Erfahrung sammeln und die man ausrüsten und entwickeln kann.
Wir mögen Tower Defense, das Spielprinzip ist jedoch etwas angestaubt und unpersönlich. In "Haunted Island" wollen wir eine Geschichte mit interessanten Charakteren bieten. Die fünf Helden sind so konzipiert, wie eine Familie - vom Vater, dem Vampirjäger, bis hin zur rebellischen Tochter. Die Solo-Kampagne ist etwa zwölf Stunden lang, die Story wird von professionellen Sprechern erzählt. Wer mit der Solo-Kampagne fertig ist, kann im Multiplayer-Modus weiterspielen oder sich an bereits erfüllten Missionen auf anderen Schwierigkeitsgraden versuchen.
An welche Zielgruppe richtet sich "Haunted Island"?
Unsere Zielgruppe ist zwischen 19 und 35 Jahren alt. Bei Tower-Defense-Titeln sind die Spieler erfahrungsgemäß überwiegend männlich.
Für wann ist die Veröffentlichung geplant?
Wir starten wahrscheinlich in den nächsten zwölf Wochen mit einem Soft Launch. Das heißt, wir bringen das Spiel in einer Testregion heraus und verbessern auf Basis des dortigen Nutzerverhaltens die Monetarisierung bis zum eigentlichen Launch. "Haunted Island" ist free-to-play, die Spieler können aber Runen kaufen, um die Fähigkeiten ihrer Helden zu verbessern.
2011 erhielt Happy Tuesday Gelder vom Medienboard Berlin-Brandenburg. Wie beurteilen Sie die Spieleförderung in der Hauptstadtregion?
Die Games-Förderung in Berlin-Brandenburg finde ich sehr gut. Ohne das Medienboard hätten wir damals vielleicht gar nicht starten können. Wir hatten das Glück, eine Prototypen-Förderung zu erhalten. Das hat unser kleines Team in die Lage versetzt, die wichtigen ersten Schritte in diesen Markt zu gehen und die Grundpfeiler für "Haunted Island" zu setzen. Wir konnten Büros anmieten und eine feste Team-Struktur aufbauen.
Und heute?
Unser Hauptproblem ist jetzt: Wir sind kein kleines Studio mehr, aber auch noch nicht so richtig groß. Wir versuchen, größere Projekte zu stemmen - die werden aber kaum gefördert. Generell sind Förderungen über einer Teamgröße vom acht bis zehn Mitarbeitern kaum vorhanden.
Bietet Berlin genügend Entwickler-Nachwuchs?
Wir sind selbst noch im Aufbau. Deshalb suchen wir junge, talentierte Leute, die sich einbringen und die wir ausbilden können. Bisher haben wir jedem Praktikanten einen fortführenden Vertrag oder eine Übernahme bieten können. Das wir mit der neuen Mindestlohn-Regelung allerdings schwieriger. Gerade Nachwuchskräfte ohne solide, breite Ausbildung brauchen mindestens sechs Monate Betreuung. Das sind sechs Monate mit mindestens zwei Stunden Zuwendung pro Tag - und zwar nicht von irgendwem, sondern von unseren Spezialisten. All das kostet eine Menge Geld, Zeit und Energie, bringt aber nicht den Output einer regulären Arbeitskraft. Den gleichen Output zu generieren kostet inzwischen sogar mehr, als einen erfahrenen Mitarbeiter einzustellen. Das ist für kleine Unternehmen schwer zu stemmen. Für junge Leute wird es mit der Mindestlohn-Regelung also insgesamt schwieriger, in der Branche Fuß zu fassen.
Am Mittwoch beginnt die Gamescom in Köln, auch Happy Tuesday wird dort sein. Welche Bedeutung hat die Messe für Indie-Studios?
Mit unserem Messestand in der Indie Arena gehen wir als Studio - und auch mit unserem Spiel - zum ersten Mal an die breite Öffentlichkeit. Wir hoffen auf positive Resonanz, wenn wir "Haunted Island" den Leuten an die Hand geben, die es am Ende spielen und damit Spaß haben sollen. Auf der Gamescom möchten wir aber auch Kontakte pflegen und knüpfen - sei es zu Publishern, zur Presse oder zu Let's Playern.
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