Champions League: Titan beißt Granit
War früher alles besser? Oliver Kahn und Jürgen Klopp kriegen sich bei der Champions-League-Übertragung im ZDF in die Haare.
Oliver Kahn war ein großer Torhüter. Respektiert, geachtet, gefürchtet. Er wurde handgreiflich, die Wut über des Gegners Aktionen und Schiedsrichters Pfiffe ließen seine Gesichtszüge dergestalt entgleisen, dass übelmeinende Fans Bananen warfen. In seiner aktiven Zeit hätte Olli, der Titan, niemals gesagt: Wer austeilt, der muss auch einstecken können. Jetzt sagt Kahn solche Sätze. Er ist nicht mehr Torhüter, er ist Fußballexperte beim Zweiten Deutschen Fernsehen. Am Mittwoch, bei der Übertragung des Champions-League-Spiels, traf er den würdigen Olli-Kahn-Aufm-Platz-Nachfolger: Jürgen Klopp. Der ist kein Torhüter, der ist Trainer. Und hat so viel Testosteron wie weiland der Olli Kahn.
Schon als Kahn eine gelbe Karte für den Borussen-Stürmer Lewandowski zu erklären, vielleicht sogar zu rechtfertigen versuchte, schwoll Klopp der Kamm. Das hätte er von Kahn als Spieler mal gerne gehört. Kahn sprach weiter, Klopp zischte ins Mikrofon: „Keine gelbe Karte. So. Fertig.“ Moderator Oliver Welke, der glatt ignorierte, dass die Temperatur im Studio ins Bodenlose stürzte, stachelte das Doppel-K richtig auf, als er sie nach ihrem „Verhältnis“ fragte. Klopp: „Wir hatten noch nie eins.“ Welke, der gucken kann wie die Unschuld vom Lande, erinnerte an das über die Medien ausgetragene Fernduell. Kahn hatte Klopp wegen dessen Sammer-Attacke als „respektlos“ und „unverschämt“ bezeichnet. Wieder wechselten K & K schnelle, giftige Worte. Es wurde persönlich, es ging um Rede- und Meinungsfreiheit, es ging um alles und noch viel mehr, beinahe hätten Trainer und Experte jede Contenance verloren. Was, wenn die sich auf dem Platz getroffen hätten? Welke spielte Uno und suchte zu befrieden. K & K gaben sich, immerhin, die Hand. Dann stürzte Klopp aus dem Studio, wobei er, wahrscheinlich aus Rache am ZDF, das Mikrofon mitnahm. K & K werden keine Freunde mehr.
Steuerberater und Buchhalter
Der Welke und der Kahn, die müssen Jürgen Klopp ehrlich dankbar sein. Klopp hat die beiden wachgeküsst. Welke moderiert solide, allerdings kommt er über die Tonlage zwischen Steuerberater (Entschuldigung an alle Steuerberater!) und Buchhalter (Entschuldigung an alle Buchhalter!) und Kahns Fragemännchen nicht hinaus. Und Kahn ist Kahn: ein Sprechautomat, der repetiert, was alle gesehen haben, der über die Deskription nicht zu eigenständiger, origineller Analyse findet. Müssen Olli & Olli wirklich sein?
Das Traumduo fährt für das ZDF zur WM in Brasilien. Welke bekommt dafür den Vorzug vor Kathrin Müller-Hohenstein, sie wird zur Jogi-Löw-Besprecherin. Das wird den Bundestrainer beruhigen und die Zuschauer nicht aufregen. Klopp sollte während der WM urlauben.
Selten, aber jetzt stimmt der Satz: Früher war alles besser: Kahn stand im Tor, Klopp war ZDF-Experte, und Johannes B. Kerner gab den Welke.