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the l word
© Showtime

TV-Serie: "The L Word" - Die lesbische Katharsis

Bette, Tina, Shane, Alice… Die Alter Egos bekannter und weniger bekannter Schauspielerinnen aus der US-Serie, die sich dem Leben und Lieben lesbischer Frauen verschrieben hat, sind der gesamten homosexuellen Welt ein Begriff. Im Januar läuft die sechste und letzte Staffel von "The L Word" in den USA an, doch ein Ende ist lange nicht in Sicht.

Der Satz, absurd, zynisch und in diesem Fall mit einem ständigen Kopfnicken zu begleiten: "Gut, dass es die USA gibt." Ohne die USA kein "The L Word" - eine Serie, die mittlerweile Millionen Fans auf der gesamten Welt vereint und die wesentlich dazu beiträgt, dass die Akzeptanz für Homosexuelle unter der Bevölkerung wächst.

Nach dem breiten Erfolg von "Queer as folk", dem schwulen Pendant zu "The L Word", gab es für den Pay-TV-Sender "Showtime" keine Zweifel an einer Serie über lesbische Frauen in Los Angeles. In Ilene Chaiken hatte der Sender zudem eine exzellente Produzentin und Drehbuchautorin gefunden. Chaiken, zugleich Erfinderin der Serie, kann kaum ein besseres Argument für die Authentizität von "The L Word" liefern: Selbst lesbisch fungiert sie als Herrin über Liebe und Leid und gilt den Fans immer wieder als Adressat von verbalen Wutanfällen, verzweifelten Emotionsausbrüchen, seitenlangen Erfahrungsberichten. Ganz klar: Die Serie scheint für die lesbische Welt ein einziger Selbsterfahrungstrip.

Liebe ohne Redundanz

Der Plot ist schnell erzählt: Lesbische Frauen, die sich durchs Leben hedonisieren. Dabei immer wieder gegen die Liebe prallen und nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. Mal gewinnt die Liebe und mal gewinnt das Leben. Simpel und doch alles, was die Serie braucht. Man könnte meinen, lesbische Frauen wären in dieser Hinsicht nicht sonderlich anspruchsvoll. Fehlanzeige. "The L Word" zeigt seit mittlerweile sechs Staffeln, wohin die Liebe einen Menschen verschlagen kann, ohne sich zu wiederholen. Dabei zeichnen Chaiken und ihre Co-Autorinnen einen komplexen Kosmos aus menschlichen Verwebungen, persönlichen Schicksalen und dem obligatorischen Anteil lesbischen Lebens.

Wer vorher nicht wusste, wie Lesben ticken, der sollte sich "The L Word" anschauen. Als ProSieben im Mai 2006 die erste Staffel zeigte, war man in der deutschen Szene zunächst skeptisch: Frauen - ok. Erfolgreich, gutaussehend und interessante Charaktere? Allesamt? Das schien den meisten dann doch etwas zu weit hergeholt. Schnell stellte sich aber heraus, dass es darauf gar nicht ankam. Denn, was sich in den Personen und zwischenmenschlich bei "The L Word" abspielt, ist das Spiegelbild der lesbischen Gesellschaft - das Heraufbeschwören der großen Liebe nach dem ersten Date, die Umzugskisten schon vor der Tür der Frau abgestellt, die man gerade mal eine Woche kennt. Oder die Frage, die keine Antwort braucht: Heute mal wieder den Dildo oder wie immer altbewährte Handarbeit? Das Leben als Scherbenhaufen nach einer Trennung und die Erkenntnis, die an Sarkasmus kaum zu überbieten ist: Jede mit jeder. Wenn auch über zehn Ecken.

Ein Schmunzeln lässt sich auch nicht zurückhalten, wenn sich Lesben als Psychologinnen versuchen. Reden müssen sie über alles. Das Kino dazu findet im Kopf statt. Fast wichtiger als die Realität.

Heterofrauen finden's gut

Während Männern "The L Word" zuviel Frau auf einmal ist, können sich auch heterosexuelle Frauen für die Serie begeistern. Besonders die androgyne Shane ist bei ihnen Objekt der Begierde. Sie verkörpert Eigenschaften, die wir nach heutigen sexualpsychologischen Vorstellungen Männern zuordnen würden - einen Frauenverschleiß erster Güte, roughes Auftreten, Machoverhalten und Unnahbarkeit. Trotzdem zweifelt man in keiner Szene an der Echtheit der Frau Shane.

In der lesbischen Zuschauerklientel kann man vielleicht keinen Favoriten ausmachen, jedoch Favoritengeschichten. Durch alle sechs Staffeln zieht sich das Beziehungsdrama von Bette und Tina. Acht Jahre lang ein Paar, dann endlich das ersehnte gemeinsame Kind, doch die Beziehung lahmt an allen Ecken und Enden. Bette geht fremd, zerstört die Beziehung. Tina tröstet sich mit Männern. Annäherungsversuche der beiden werden stets durch sie selbst verhindert, ihre Unfähigkeit zu verzeihen und Kompromisse einzugehen. Denn typisch bei Lesben ist, eine Beziehung als Art Symbiose zu begreifen. Ich bin du. Du bist ich. Gemeinsam sind wir ein und dieselbe Person.

Die Symbiose als Fundament und Hauptproblem einer lesbischen Beziehung

Daraus entsteht ein Selbstverständnis gegenüber dem Partner, das fast schon an Arroganz gleicht und auch Bette und Tina die Lösung für ihre Probleme lange Zeit verwehrt. Am Ende der fünften Staffel lernen sie sich erneut lieben. Besonders hartnäckige Fans schrieben Produzentin und Autorin Chaiken seit der Trennung der beiden Figuren am Ende der ersten Staffel Briefe und Mails, sie möge doch bitte wieder für "Bettina" sorgen. Alles andere wäre unrealistisch.

Wir sitzen vor der Serie und leiden. Als ob wir unserem Leben zusehen. Natürlich haben wir dabei die Antworten auf die Probleme, die wir selbst zu lösen nicht fähig sind. Ein Paradoxon, das auch "The L Word" nicht auflösen kann. Was nicht schlimm ist, denn sie schafft anderes: Aufklärung, Toleranz und Natürlichkeit. Meldungen über Sendestarts in Entwicklungsländern oder konservativen Staaten werden auf den Fanseiten gefeiert wie die Einführung der Homoehe. "The L Word" coming out.

"The L Word", ab dem 4. November jeden Dienstag um 22.15 Uhr auf Timm oder online auf www.timm.de

Nadine Lantzsch

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