ARD-MILLIONÄR: Teuer, teurer, Jauch
Auch der WDR-Rundfunkrat sagt ja zum ARD-Engagement des Fernsehkönigs. Pro Jahr und Staffel seiner politischen Talkshow bekommt Jauch mehr als zehn Millionen Euro an Honorar und für die Produktion überwiesen.
Spitzenfußball und Spitzenfernsehen haben vergleichbare Strukturen. Ihre Stars sind richtig teuer. So gesehen darf sich Günther Jauch als der Christiano Ronaldo des deutschen Fernsehens feiern lassen. Als letztes entscheidendes Gremium hat der Rundfunkrat des WDR dem ARD-Engagement von Jauch zugestimmt, das im Herbst 2011 beginnen soll. Die Vorsitzende des WDR-Organs, Ruth Hieronymi, sagte am Mittwoch, die Mehrheit für den „Top-Journalisten“ sei nach intensiver Diskussion am Dienstagabend deutlich ausgefallen. Beim Abwägen der Chancen und Risiken habe man den Chancen den Vorzug gegeben. „Wenn der bekannteste deutsche Journalist am Sonntagabend eine Talkshow im Ersten moderiert, dann ist das eine Stärkung des Informationsprofils der ARD“, sagte Hieronymi dem epd. Marktwert gleich Mehrwert, so ist das Kalkül.
Der 54-jährige Jauch wird ab Herbst 2011 eine politische Gesprächssendung auf dem derzeitigen Sendeplatz von „Anne Will“ am Sonntag moderieren. Bei RTL verzichtet er dafür auf die Moderation von „Stern TV“, die Show „Wer wird Millionär?“ präsentiert er weiter; zudem hat der Privatsender angekündigt, Jauch eine neue Show mit dem Titel „Alt gegen Jung – Das Duell der Generationen“ zu geben. Unterhaltung bei den Privaten und zugleich politische Information bei den Öffentlich-Rechtlichen, das schafft, das setzt nur ein Günther Jauch durch.
ARD-Programmdirektor Volker Herres erklärte kürzlich, Jauch komme „zu Konditionen, die insgesamt günstiger sind, als sie 2007 gewesen wären“. Anfang 2007 hatte Jauch ein geplantes Engagement bei der ARD abgesagt, auch aus Verärgerung über die „Gremlins“ in den ARD-Gremien.
Welche Summen damals auch immer in der Verhandlung gewesen sein mögen, der Vertrag, den NDR und WDR federführend für die ARD mit Jauch und seiner Produktionsfirma i + u jetzt abgeschlossen haben, ist hoch dotiert. Aus Senderkreisen wurde dem Tagesspiegel bestätigt, dass der Vertrag über drei Staffeln bis 2014 laufen wird, dass Jauch pro Staffel mit 38 Sendungen und einem „Best of“ 10,5 Millionen Euro für Honorar und Produktion bekommt; auf die Sendeminute umgelegt sind das 4487 Euro. Mit der Gesamtsumme und dem Minutenpreis ist der Marktwert von Fernsehkönig Jauch festgestellt: Kein Moderator ist teurer, kein politischer Talk im deutschen Fernsehen kommt den Gebührenzahler teurer zu stehen. „Anne Will“ kostet momentan 3164 Euro die Minute, „Hart aber fair“ 2908 Euro, „Maybrit Illner“ im ZDF schlägt nach Berechungen der KEF mit 1893 Euro pro Minute zu Buche. Der Preisaufschlag bei Jauchs Polittalk wurde von Seiten der ARD mit einer aufwendigeren Produktion begründet. 2007, neuere Zahlen existieren nicht, kostete jede hergestellte Sendeminute im Ersten durchschnittlich 847 Euro, im ZDF 920 Euro.
Der NDR-Rundfunkrat hatte erklärt, für das Ja sei auch bedeutsam gewesen, dass der Vertragsschluss mit Blick auf die Aufwendungen für das Erste „kostenneutral“ erfolgen solle. Dazu wird an anderer Stelle gespart, heißt, erst wird im ARDRund der „Jauch-Obolus“ eingesammelt, dann wird bei anderen Genres gekürzt.
Für die ARD-Verantwortlichen, insbesondere für Programmdirektor Volker Herres und Chefredakteur Thomas Baumann, fängt jetzt die Arbeit an: Wie sortieren sich die Talksendungen im Ersten, da Jauch kommt und parallel die Anfangszeiten der 30-minütigen „Tagesthemen“ an Wochentagen auf 22 Uhr 15 festgelegt wurden? Jauch am Sonntag um 21 Uhr 45 ist klar, dann „Beckmann“ am Montag um 22 Uhr 45, „Menschen bei Maischberger“ am Dienstag, „Hart aber fair“ am Mittwoch, „Anne Will“ am Donnerstag. „Beckmann“ am Montag gilt als ungefährdet, Frank Plasberg möchte mit „Hart aber fair“ am Mittwoch auf 21 Uhr rücken, die Chancen dafür stehen schlecht, er wird sich mit 22 Uhr 45 abfinden müssen. Muss Sandra Maischberger den Dienstagtermin abgeben, damit Anne Will an diesem Tag mit ihrem Talk aufwarten kann? Mit Maischberger am Donnerstag wäre eine Parallelkonkurrenz der momentan erfolgreichsten Talkerin Will mit „Maybrit Illner“ am Donnerstag ausgeschlossen. Die von Jauch und den ARDGranden schnöde verdrängte Anne Will, heißt es in der ARD, schweigt derzeit wie eine Sphinx. Bleibt sie? Geht sie? Für beide Prognosen finden sich Stimmen.
Es wird ferner eine Herkulesaufgabe darstellen, alle fünf Talker auf sehr unterschiedliche Formate festzulegen. Alle wollen Innenpolitik, aber an fünf Tagen hintereinander will das kein Zuschauer. Die Angebote müssen inhomogen, klar gegeneinander abgesetzt werden.