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Powerpaar: US-Präsident Frank Underwood (Kevin Spacey) und First Lady Claire Underwood (Robin Wright)
© obs

Fortsetzung von "House of Cards": Terror ist Programm - nicht Donald Trump

"House of Cards" ist mit der fünften Staffel gestartet: Kälter, härter. Vor einem Vergleich des fiktiven US-Präsidenten mit dem realen sei gewarnt.

Krieg ist doch eine Lösung. Zwei Wochen sind es nur noch bis zur Präsidentschaftswahl, zwei Wochen Zeit zur Imagepolitur des Titelverteidigers, also zwei Wochen, um in den Krieg zu ziehen gegen, nehmen wir mal: Albanien. Mit diesem Trick versuchte das Wahlkampfteam in der Politiksatire „Wag the Dog“ 1997 von einer privaten Affäre des Präsidenten abzulenken, die verteufelt an Bill Clinton erinnerte.

Genau 20 Jahre später zieht auch Frank Underwood (Kevin Spacey) in den Krieg gegen, nehmen wir: Terror. Mit diesem Trick versucht Kevin Spacey als Amtsinhaber in der humorfreien Politserie „House of Cards“, von seinen politischen Affären abzulenken. So begann am späten Dienstagabend bei Sky Atlantic HD mit zwei der insgesamt 13 Folgen der Neustart des Kartenspiels ums Weiße Haus. Und wie in den vier Staffeln zuvor wurde klar: „House of Cards mag den Kampf um die Macht im mächtigsten Land der Erde oft grotesk überspitzen: etwas Wahrhaftigkeit steckt in jeder Intrige, jeder Schweinerei, jeder Kriegslist von Frank Underwood.

Zum Auftakt hat der Terror seine Nation erreicht, als dort ein US-Bürger von Islamisten enthauptet wird. „Wir unterwerfen uns dem Terror nicht“, hatte uns der sinistre Strippenzieher im Finale Ende 2016 mit Blick in die Kamera zugeraunt und düster ergänzt: "Wir sind die Quelle des Terrors“. Nun steht er vorm Kongress und brüllt, diesem Terror „nicht weichen“ zu wollen, „denn ich bin auf dem Weg zur Beerdigung eines amerikanischen Patrioten.“ Pause. „Eines Ehemanns.“ Pause. „Und Vaters.“ Ein Republikaner hält ihm entgegen, er habe hier gar kein Rederecht. Und was antwortet sein demokratischer Kontrahent im höchsten Staatsamt? „Interessiert mich nicht!“

Underwood ist zurück im Wahlkampfmodus

Dennoch ist Staffel 5 mehr als die Weitererzählung vom unaufhaltsamen Durchmarsch eines Alphatiers. Nach 26 Folgen Präsidentschaft ist es zurück im Wahlkampfmodus, und das tut ihm spürbar gut. Hatten ihm die Zuschauer zunächst atemlos beim gnadenlosen Aufstieg ins Oval Office zugesehen, so verfolgten sie die Zeit nach der Ankunft oft eher routiniert als leidenschaftlich. Jetzt ist der Politikberserker wieder im Modus Attacke.

Und nicht nur er.

Fortan erhält Frank Underwood von seiner Frau Claire (Robin Wright) Nachhilfe in Sachen Skrupellosigkeit. Kein Wunder, dass sie zu Beginn der Auftaktfolge wie ihr Mann direkt in die Kamera spricht – auch wenn sich die Grenzüberschreitung von der Fiktion zur Realität als Appell ans Wahlvolk entpuppt, das sie per Teleprompter zum Kampf gegen den Terror animiert. Nach ihrer medienwirksamen Klage gegen die Lohnungleichheit am Set erhält Wrights Serienfigur also mehr Gewicht. Streng, aber sexy kostümiert wie eine Domina von Jil Sander, gibt Claire Underwood somit jene Hillary Clinton, die Donald Trump im Wahlkampf als Systempolitikerin verunglimpft hatte. Wenn Frank einen Einreisestopp für Muslime fordert, den Claire mit kaltherzigem Pathos füttert, verspricht „House of Cards“ also wieder aufregend zu werden – und angesichts der Tatsache, dass der Kampf ums größte "Arschloch" auf dem Bildschirm bald eine Siegerin hat, auch ein bisschen feministisch.

Wie viel von Trump steckt in Underwood?

Wie sehr ist nun "House of Cards" das Drehbuch zum realen US-Präsidenten Donald Trump? Kevin Spacey, Darsteller des fiktiven US-Präsidenten Frank Underwood und einer der Produzenten der Serie, hatte vor der Ausstrahlung gesagt: "Vor allem dieses Mal gibt es jede Menge Zweifel, ob wir es überhaupt noch mit der Wirklichkeit aufnehmen können, und ob die Show nicht unmöglich so verrückt sein kann wie die Wirklichkeit. Meine Antwort: Wartet es doch einfach ab." Die neue (und letzte?) Staffel bedient aber offenbar weniger die Erwartung "Erklär mir den Trump". Das geht auch gar nicht, die Produktion ist längst abgedreht, während Donald Trump jeden Tag mit neuen (Wahnsinns-)Taten und Tweets aufwartet. Es gibt Parallelen, zweifellos, aber sie zielen mehr auf die Bill-Clinton-Präsidentschaft und den vergeblichen Anlauf von Hillary Clinton auf Weiße Haus ab. Eine gute Fiktion, und „House of Cards“ ist eine sehr gute Fiktion, bedient sich ausgiebig bei der Realität und erzählt sie doch anders. Der entscheidende Cliffhanger einer zweiten Clinton-Präsidentschaft geht eben an der Realität vorbei.

Season 5 kann gesehen werden als Satire auf das politische System der USA, auf Präsidial-System. Noch schlüssiger wird das Zuschauererlebnis, wenn "House of Cards" als Kommentar dazu gelesen wird. Was Macht aus Menschen macht, was Menschen mit Macht machen. "House of Cards" zeigt in Claire und Frank Underwood ein Macbeth-Ehepaar: tiefgekühlte Menschen in einem Marmor-Gehäuse. Mit einem Willen zu immer Macht, weil nur die Macht verhindert, dass öffentlich wird, wie sehr der Weg zur Macht mit Verbrechen erkauft war. Und das scheidet dann die Underwoods von den Macbeths: Das Königspaar wird innerlich von seinen Untaten zerfressen, das Präsidentenpaar wird nur noch entschlossener. Sie sind Monster - und damit von Donald Trump sehr weit entfernt.

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