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Alt und grau oder 3.0? Beim "Spiegel" stehen Veränderungen an. Die Redaktion will sich wehren.
© DDP

Machtkampf in Hamburg: Spiegel 3.0

"Spiegel"-Chefredakteur Wolfgang Büchner will neue Ressortleiter. In der Redaktion wird bereits über Streik abgestimmt.

Ist der „Spiegel“ bald nur noch eine gedruckte Version von „Spiegel Online“? Davor fürchten sich derzeit scheinbar etliche Print-Redakteure des Magazins, wie es aus internen Kreisen heißt. Hintergrund ist der Plan von Chefredakteur Wolfgang Büchner, die Ressortleiter-Posten für Print und Online neu auszuschreiben und zusammenzulegen. Mit diesem Projekt namens „Spiegel 3.0“ sollen Digital und Analog noch enger verzahnt werden.

So sagt es Büchner. Andere Stimmen behaupten, er wolle dadurch ihm unliebsame Ressortleiter schassen, die sich jüngst bei Verlagsgeschäftsführer Ove Saffe gegen ihn ausgesprochen hatten. Ob Büchners „3.0-Plan“ so angenommen wird, muss die Mitarbeiter KG des „Spiegel“ entscheiden, die 50,5 Prozent am Verlag hält. Unter den Redakteuren in Hamburg kursierten am Donnerstag bereits mehrere Unterschriftenlisten, auf denen für einen Streik votiert wurde – falls die KG Büchners Vorhaben zustimmen sollte. „Ständig werden irgendwelche Konferenzen einberufen und dann wieder verschoben“, schilderte ein Mitarbeiter die Situation innerhalb der Redaktion. Chaos in Hamburg? Aus anderen Quellen hieß es: „Hier gibt’s ständig Streit, so schlimm wird es schon nicht werden“.

Streit gehört in der Tat grundsätzlich zur Redaktions- und Heftkultur des "Spiegel". Derart heftige Auseinandersetzungen hatte Büchner aber wohl nicht beabsichtigt. Das Konzept, die Ressortleitungen zusammenzulegen, gebe es zwar schon länger. Jetzt aber seien interne Details nach außen gesickert, die nicht für die Öffentlichkeit gedacht waren – daher der Aufruhr. „Wolfgang Büchner hatte sich das alles ganz anders vorgestellt“, heißt es aus dem Verlagshaus. Auch deshalb soll er am Mittwochabend das neue „Spiegel“-Konzept noch einmal umfassend vorgestellt haben. Ein Treffen, das eigentlich den Ressortchefs vorbehalten gewesen sein soll. Doch scheinbar war plötzlich die halbe Redaktion anwesend. In den nächsten Tagen steht ein Treffen Büchners mit der Geschäftsführung an. Bis dahin hofft man im „Spiegel“ auf eine Entscheidung der Mitarbeiter KG für oder gegen seinen Plan. Das fünfköpfige Gremium gilt allerdings als uneinig: Zwei Mitglieder sollen pro, zwei contra Büchners Vorhaben sein. Nummer fünf ist angeblich noch unentschlossen.

Dass Büchner mit seinem Vorgehen nur unerwünschte Kritiker beseitigen will, wird „Spiegel“-intern verneint: „Er ist der Chefredakteur. Wenn er einen Ressortleiter entlassen will, dann kann er das auch so“.

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