zum Hauptinhalt
Spiel, Satz und Sieg. Das Kommentatorengespann Boris Becker (links) und Matthias Stach wurde für seine Arbeit mit einem Deutschen Fernsehpreis 2018 ausgezeichnet.
© Eurosport

Interview mit Tennis-Reporter Matthias Stach: „Solange ich mich nicht komplett blamiere...“

Tennis-Kommentator Reporter Matthias Stach über seine Entertainer-Qualitäten, die Australian Open und seine Zusammenarbeit mit Boris Becker.

Herr Stach, wie bereiten Sie sich auf ein Turnier wie die Australian Open vor?

Ich bin zum Beispiel in Vorbereitungstrainingslagern der Spieler. Außerdem telefoniere ich viel, oft auch mit den Trainern. Um dann mit einem gewissen Erfahrungsschatz nach Australien zu reisen. Dort bin ich dann auch ein paar Tage vor Turnierstart und habe vor Ort noch Gelegenheit, mich zu informieren.

Wie bleiben Sie zwischen den großen Turnieren auf dem Laufenden? Sie kommentieren ja nicht nur Tennis bei Eurosport.
Ich gucke möglichst viele Spiele und kommuniziere so oft es geht mit Spielern, Trainern oder Managern. Nach all den Jahren in der Szene klappt es auch ganz gut, Kontakt zu halten. Deswegen bin ich eigentlich immer up to date.

Inwieweit ist es von Vorteil, dass Sie selbst den Schläger ganz gut schwingen können und im Tennis einst Welt- und -Europameister der Journalisten waren?
Ach, das mit dem Welt- und Europameister ist lange her. Aber ich glaube schon, dass es mir vielleicht in der Akzeptanz geholfen hat. Dass ich mal mit Thomas Muster (ehemaliger Weltranglistenerster aus Österreich, d. Red.) zusammen Doppel in der Tennis-Bundesliga gespielt habe, hat sich dann wohl in der Szene herumgesprochen. Und vielleicht fällt es einem auch ein bisschen leichter, die eine oder andere Situation einzuschätzen. Ich betrachte das mit der eigenen Tennisvergangenheit mal nicht als Nachteil.

Boris Becker und ich, wir hängen 14 bis 16 Stunden aufeinander

Sie kommentieren auch aus Melbourne wieder zusammen mit Boris Becker. Wie würden Sie Ihr Verhältnis beschreiben? Trinken Sie nach getaner Arbeit zum Beispiel auch mal ein Bier zusammen?
Wir treffen uns schon mal, aber bei so einem Grand-Slam-Turnier sind die Tage natürlich sehr lang. Da hängen wir dann 14 bis 16 Stunden aufeinander. Und wir kennen uns schon sehr lange, schon seit meinen Zeiten bei Sat 1. Er liebt es einfach, sich über Tennis auszutauschen und deswegen gibt es viele Anknüpfungspunkte und die leben wir auch aus.

Boris Becker ist ja nicht nur wegen seiner Tennisexpertise permanent in den Medien. Können Sie die ganzen anderen Dinge um ihn herum einfach so ausblenden?
Vor der Kamera blenden wir das ganz automatisch aus. Das gehört sich auch nicht. Das eine ist Privatsache, seine Privatsache. Und das andere ist der Job, den wir beide zusammen machen und das mit dem Ziel, eine tolle Sportart möglichst gut rüberzubringen. Wir haben so eine Art nonverbales Agreement und ganz ehrlich: Sein Privatleben war auch nie ein Thema zwischen uns. Uns interessiert in den zwei Wochen bei einem GrandSlam-Turnier dann wirklich nur Tennis.

Macht es denn mehr Spaß, ein Spiel allein oder mit einem Experten zusammen zu kommentieren?
Das ist ganz unterschiedlich und kann vom Experten abhängen oder vom Match selbst. Und das gilt bei mir auch für andere Sportarten. Ich freue mich nach dem Tennis, auch wieder Fußball oder Schwimmen zu kommentieren.

Gibt es denn mit Boris Becker vorab eine Privatwette, wer so ein Turnier wie die Australian Open gewinnt?
Bisher noch nie. Wir unterhalten uns zwar viel, aber wir sind beide so, dass wir erst einmal sehen müssen, wer sich so im Laufe der ersten Turnierwoche als Favorit herauskristallisiert. Oft sind wir dann aber auch einer Meinung.

Inzwischen geht Ihre Arbeit ja weit über das Kommentieren hinaus. Sie stehen auch viel vor der Kamera und geben den Entertainer. Muss man das als Journalist eigentlich erst lernen?
Ich glaube nicht, dass man das jetzt lernen muss. Entweder das macht einem Spaß oder nicht. Ich hatte einfach überlegt, ob es nicht sinnvoller ist, mit einem Roger Federer, der immer die gleichen Fragen beantworten muss, mal etwas anderes zu machen. Zum Beispiel in sein Apartment zu gehen oder ein paar Volleys zu spielen. Das ist ja für den Spieler vielleicht auch mal ganz interessant. Und solange ich mich nicht komplett blamiere, ist das mein Weg. Ich habe auch das Gefühl, dass sich die Spieler dabei ein bisschen öffnen.

Gibt es trotzdem Spieler, bei denen Sie auf Granit beißen?
Die gibt es immer mal. Besonders in Erinnerung ist mir dabei Andy Roddick geblieben (ehemaliger Weltranglistenerster aus den USA, d. Red.). Das war jetzt jemand, dem man erst einmal erklären musste, dass Europa auch existiert. Den hat das relativ wenig geschert, ob da jetzt einer von Eurosport kommt. Aber die meisten machen wirklich mit, da habe ich Glück.

Ist der Job des Kommentators heute einfacher als früher?
Ich glaube, es ist eher schwieriger geworden für Leute, die neu in den Job als Tennis-Kommentator kommen. Weil alles ähnlich wie im Fußball abgeschirmt und standardisiert ist. Mein Vorteil ist, dass ich viele Spieler schon in der Jugend beobachtet habe. Ein Novak Djokovic erinnert sich dann vielleicht daran, dass ich ihm schon zugeguckt habe, als er 16 war.

Gespannt wie vor 20 Jahren

Worauf freuen Sie sich am meisten im Hinblick auf die Australian Open?
Das ist alles wieder unglaublich spannend in diesem Jahr. Immer wieder, auch wenn man denkt, man hat schon alles erlebt. Auch wenn das jetzt wohl schon mein 102. Grand-Slam-Turnier ist, wie ein Kollege ausgerechnet hat, hat man trotzdem nie alles gesehen. Und deswegen bin ich jetzt genauso gespannt wie vor 20 Jahren.

Was trauen Sie den deutschen Hoffnungsträgern Angelique Kerber und Alexander Zverev in dieser Saison zu?
Für beide ist es wahnsinnig wichtig, wie sie in Australien starten. Kerber fühlt sich glaube ich gerade sehr wohl, auch mit ihrem Trainer Rainer Schüttler. Ich hoffe, dass sie einfach Lust hat, sich in der neuen Konstellation vielleicht Richtung French Open mal richtig frischzumachen. Weil die kann auf Sand spielen und den einzig ihr noch fehlenden Grand-Slam-Titel zu holen, das wäre ein Traum.

Und Zverev?
Für Sascha (Spitzname von Alexander Zverev, d. Red.) gilt es, die Grand-Slam-Allergie zu überwinden. Daran arbeitet er hart und ich traue ihm alles zu. Er ist noch ein junger Kerl, er muss sich entwickeln. Und hat das auch schon getan. Denken Sie nur an die Rede in London nach dem Sieg bei den ATP-Finals. Das hätte ihm vor zwei, drei Jahren niemand zugetraut.

Das Interview führte Jörg Leopold.

Eurosport überträgt täglich, ab dem 14. Januar, auf dem Hauptsender Eurosport 1 jeweils ab ein Uhr nachts deutscher Zeit sowie auf Eurosport 2 und Eurosport 360.

Zur Startseite