Fakten-Check und Twitter-Kritik: So war der erste "Tatort" aus Franken
Ihren ersten Fall in Franken lösen Dagmar Manzel und Fabian Hinrichs als "Tatort"-Kommissare mit technischer Hilfe. Was meinen die Twitter-Nutzer? Der Krimi gehört mit 12,11 Millionen Zuschauern auf jeden Fall zu den erfolgreichsten „Tatorten“ der vergangenen 20 Jahre.
Der erste Fall für das neue “Tatort”-Team aus Franken entwickelt sich zwar dann ganz anders als auf den ersten Blick zu vermuten gewesen wäre, im Ergebnis passen der Anfang und das Ende jedoch gut zusammen. Der Mord an dem Uni-Professor genau im Moment der “höchsten Hingabe” auf dem zurückgeschobenen Sitz seines Autos in einem niederfränkischen Waldstück hat weder etwas mit seiner geheimen Rüstungforschung noch mit der Eifersucht der betrogenen Ehefrau zu tun, und doch ist es ein Mord aus Leidenschaft.
Der neue "Tatort" aus Franken hat viele Vorschusslorbeeren erhalten, entsprechend hoch waren Erwartungen und Vorfreude. Spätestens nach dem Wortgefecht mit dem Streubomben-herstellende Stiefbruder des Mordopfers und der Strafpredigt des Polizeipräsidenten war bei den Twitter-Nutzern unterm Hashtag #Tatort beziehungsweise #Dadord das Eis gebrochen.
Den Täter finden die Kommissare Paula Ringelhahn, gespielt von Dagmar Manzel, und dem von Fabian Hinrichs dargestelltem Felix Voss vor allem durch die tatkräftige Unterstützung des technisch versierten Kommissars Sebastian Fleischer (Andreas Leopold Schadt) - und mit Hilfe zweier Funkzellenabfragen. Genau eine Person lässt sich dabei über sein Mobilfunk mit den beiden Zeitpunkten in Verbindung bringen. Doch wie bei jedem "Tatort" stellt sich auch hier die Frage: wie realistisch ist das wirklich?
Funkzellenabfragen gehören zu den Standard-Werkzeugen
Funkzellenabfragen haben sich in den letzten Jahren tatsächlich zu einem Standard-Ermittlungswerkzeug entwickelt. Um einen Mordfall zu lösen, hat die Münchener Polizei im vergangenen Jahr eine halbe Million Kommunikations-Daten über eine Funkzellenabfrage angefordert. Aus diesem Datenwust extrahierten die Experten 7400 Handy-Besitzer, deren Funktelefone zur Tatzeit in der Nähe des Tatortes waren. Wie im Gesetz vorgeschrieben, lag eine richterliche Anordnung für die Herausgabe der Daten vor.
Der exzessive Gebrauch von Funkzellenabfragen ist dabei kein bayerisches Phänomen, auch in Berlin steigt die Zahl der Abfragen zur Überführung von Straftätern. Nach Angaben der Berliner Justizverwaltung nahm die Zahl der Verfahren mit Funkzellenabfragen von 262 im Jahr 2009 kontinuierlich auf 305 im Jahr 2013 zu. Beeindruckender ist allerdings die Zahl der erhobenen Datensätze. Sie liegt bei 49,99 Millionen, nur im Jahr 2013. Die Webseite Netzpolitik.org hat dies einmal umgerechnet und kommt dabei auf 136.962 Datensätze pro Tag, 5.706 pro Stunde – oder 1,5 pro Sekunde.
Was ist mit sechs Jahre zurückliegenden Ereignissen?
Der Regisseur des ersten Franken-”Tatort” Max Färberböck, der zusammen mit Catharina Schuchmann auch das Drehbuch geschrieben hat, hat also zumindest in quantitativer Hinsicht den Finger auf die richtige Stelle gelegt. Allerdings gibt es einen berechtigten Einwand. Die Funkzellenabfrage für den Mordzeitpunkt anzufordern, stellt die Polizei vor keinerlei Probleme. Doch hätte man diese Daten auch für ein sechs Jahre zurückliegendes Ereignis erhalten? Dass davon noch alle Daten zur Auswertung vorliegen, wäre sehr unwahrscheinlich gewesen. Doch die Verbindung zwischen den Ereignissen wird anders hergestellt, über das Gymnasium, das Thommy damals besucht hatte.
Ein letzter Tweet noch vor dem Schluss
Das muss also den positiven Gesamteindruck des ersten Einsatzes von Dagmar Manzel, Fabian Hinrichs, Andreas Leopold Schadt, Eli Wasscherscheid und Matthias Egersdörfer nicht schmälern. Mehr davon, bitte!
P.S. Im Schnitt 12,11 Millionen haben am Sonntagabend den ersten Franken-„Tatort“ im Ersten verfolgt. Der Krimi gehört damit zu den erfolgreichsten „Tatorten“ der vergangenen 20 Jahre.
Kurt Sagatz