Spreeradio: So schlägt sich Wowereit als Radio-Kommentator
"Themen, die Berlin bewegen" wollte der Ex-Regierende Klaus Wowereit in seiner neuen Funktion als Radio-Kolumnist besprechen. Das Korsett der "Political Correctness" weglassen. Doch wer jetzt auf Sätze mit Gewicht wartete, wurde enttäuscht.
"You might as well face it, you’re addicted to love", röhrt Robert Palmer um 6.41 Uhr aus dem Radio, dann ist endlich Klaus Wowereit dran. Sein erster Auftritt als Kolumnist im Spreeradio 105,5 – "Themen, die Berlin bewegen" soll er sich hier vorknöpfen. Die BER-Eröffnung hätte so ein Thema sein können, die Nachfolge für Sir Simon Rattle oder die Masernwelle in der Hauptstadt.
Stattdessen möchte Wowereit bei seinem ersten Auftritt nichts Geringeres als gleich die Griechenland-Krise erklären. Ein Thema, das den Berliner an sich zwar interessiert - aber eben auch 1800 Kilometer weit weg ist. Etwas provokant will Spreeradio-Programmdirektor Jochen Trus jetzt wissen, ob das Verhalten der deutschen Regierung eine "Riesenscharade" sei, um "uns Steuerzahlern die Wahrheit nicht sagen zu müssen, nämlich, dass wir das Geld nie wieder sehen?".
Wowereit gibt den Diplomaten
Darauf will Wowereit lieber nicht direkt antworten, auch wenn zuvor angekündigt wurde, dass er hier ohne das Korsett der "Political Correctness" die Nachrichten analysieren werde. Stattdessen wird er philosophisch: "Die Wahrheit, ja. Aber was ist die Wahrheit?" Davon gebe es nämlich mehrere. Eine davon sei: "Wir können es uns nicht leisten, dass Griechenland aus dem Euro austritt." Wowereit spricht von hohen Arbeitslosenzahlen in Griechenland, von Solidarität. Sein abschließendes Urteil: "Solidarität bedeutet beides: Sparen und Umstrukturieren in Griechenland und Verständnis für die griechische Seite in Europa." Besser hätte es auch ein Diplomat nicht sagen können.
Wowereit predigt Rücksicht im Straßenverkehr
Als nächstes nehmen sich Trus und Wowereit die Unfallstatistik vor. Die hat Sprengkraft, schließlich ist Verkehr in Berlin ein ständiges Streitthema. Autofahrer schimpfen über Kampfradler, Radler regen sich über rücksichtslose Falschparker auf. Wowereit argumentiert aber erst mal mit der Straßenverkehrsordnung: Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordere "ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht". Der Autofahrer sei zwar der stärkste, aber auch Radfahrer müssten nicht alle Verkehrsregeln missachten. "Rücksicht, das reicht", predigt Wowereit.
Die Zeit ist fast um, eine letzte Frage will Trus aber noch stellen - zur ITB. "In welches Land sollte jeder Berliner mal gefahren sein?" Wowereit empfiehlt Israel. Tolles Land, aber auch eine widersprüchliche Gesellschaft - man könne hier sehen, wie sich der Nahost-Konflikt widerspiegele.
Nach viereinhalb Minuten ist Wowereits Auftritt vorbei - wobei der Ex-Regierende zu dieser Zeit möglicherweise noch gemütlich in den Federn lag. Die Kolumne wurde nämlich nur aufgezeichnet. In Zukunft könnte auch live gesendet werden - dann darf man vielleicht auf spontanere Meinungsäußerungen von Wowereit hoffen.