Talks in der ARD: Sind fünf zu viel?
Jede Woche fünf Talkrunden. Der WDR-Rundfunkrat fordert nun weniger Sendungen. Denkbar ist aber auch, dass eine neue Frequenz eingeführt wird.
Die Gremlins haben wieder zugeschlagen. Mit diesen koboldartigen Fabelwesen hat Günther Jauch einmal den widerständigen Rundfunkrat einer ARD-Anstalt verglichen. Nun hat der WDR-Rundfunkrat einen rausgehauen: Es soll künftig weniger Talkshows im Ersten geben. Mit nur einer Stimme Enthaltung hat das Aufsichtsgremium des größten ARD-Senders im Verbund am Montag eine Stellungnahme gebilligt, in der von der ARD verlangt wird, in Sachen Talk auf Diät zu gehen. Konkret fordern die Räte, die ARD solle auf eine ihrer fünf Talkrunden verzichten. Sie sagen nicht, auf welche. Das Gremium forderte die „konsequente Reduzierung der Talksendungen“.
Zurzeit gibt es im „Ersten“ fünf abendliche Talkshows: „Günther Jauch“, „Hart aber fair“ mit Frank Plasberg, „Beckmann“, „Menschen bei Maischberger“ und „Anne Will“. „Der Rundfunkrat hat ja schon, als die fünf Talkshows gestartet sind, die Sorge geäußert, dass das zu viel sein könnte“, sagte die Rundfunkratsvorsitzende Ruth Hieronymi. „Diese Bedenken haben sich bestätigt.“ Im Herbst 2011 war in der ARD mit der Verpflichtung von Günther Jauch für den Sonntagabend die neue Talkschiene mit fünf Sendungen pro Woche gestartet. Schon damals hatte es Kritik gegeben. Die Zahl der Themen und Gäste gebe so viele Talkshows nicht her, sagte Hieronymi. Die Programmmacher müssten selbst prüfen, auf welche Weise man die Zahl der Sendungen am besten verringern könne.
Es müsse nicht in jedem Fall darauf hinauslaufen, dass ein Format gestrichen werde. Denkbar sei auch, dass nicht jede Talkshow jede Woche auf Sendung gehe, sondern dass man sich abwechsle. Das sei bei den Politmagazinen in der ARD auch so. In dem Beschluss heißt es außerdem, nach der Reduzierung der Talkshows müssten die verbleibenden Sendungen voneinander abgegrenzt werden. „Beispielsweise könnte sich ein Format auf Vieraugengespräche konzentrieren, ein anderes auf Wirtschaftsthemen.“ Das „Format Talk“ bedürfe insgesamt innovativer Ideen. Oft seien Dokumentationen besser geeignet, Themen differenziert und umfassend zu behandeln.
Das sieht Frank Plasberg naturgemäß etwas anders. „Seit ,hart aber fair‘ montags um 21 Uhr läuft, hat sich die Zahl der Zuschauer auf diesem schwierigen Sendeplatz um 20 Prozent erhöht. Das freut uns und die ARD. Offenbar ist die Sendung eine so starke Marke, dass sie nach dem erfolgreichen Umzug vom Dritten ins Erste nun auch den Wechsel auf den Montag bestens verkraftet hat. Das macht uns gelassen und optimistisch“, sagt der ARD-Moderator. Bei Chefredakteur Thomas Baumann stießen die Forderungen auf Unverständnis. „Diese Sichtweise erscheint mir sehr wenig differenziert zu sein und stark auf selektiver Wahrnehmung zu beruhen.“
Falsch sei es nach Überzeugung des Rundfunkrats auch, immer nur auf die gerade aktuellsten Themen zu setzen. „Dadurch wird die mögliche Themen- und Gästevielfalt unnötig eingeengt.“ Die Redaktionen sprächen sich untereinander nicht genug ab. „Eine Wiederholung der immer gleichen Positionen in minimaler Abwandlung ist zu vermeiden.“ Der Rundfunkrat mahnte eine engere Abstimmung mit dem ZDF an, um die zeitliche Kollision von Talkshows zu vermeiden. „Eine solche Dopplung ist nicht im Sinne der Gebührenzahler.“ (meh/dpa)