Kai Diekmann interviewt Donald Trump: Sein letzter großer Coup bei "Bild"
"Bild"-Noch-Herausgeber Kai Diekmann interviewt Donald Trump. Ein Coup, zweifellos, und zweifellos groß inszeniert. Ein Kommentar
Man kann sich so oder so verabschieden. Kai Diekmann, der Ende Januar als "Bild"-Herausgeber beim Medienhaus Axel Springer ausscheidet, will mit dem größtmöglichen Auftritt gehen. Er hat es geschafft, dank seines Interviews mit Donald Trump, dem designierten Präsidenten der Vereinigten Staaten. Es ist sein Interview und seine Inszenierung, es ist sein Scoop. Auf Bild.de, in der Montagausgabe der Boulevardzeitung, im Video, auf Twitter, via Skype, kein Medium wird ausgelassen, um diesen wahren journalistischen Coup groß und breit und um die eigene Teilhabe daran herauszustellen.
Dazu gehört auch ein Gespräch in der "FAZ" vom Montag. Auf die Frage, ob das Interview „ein Abschiedsgeschenk“ des Springer-Verlags gewesen sei, sagte Diekmann: „Mir war in den letzten 16 Jahren immer wichtig, dass ich meine Interviews selber vereinbare und auch selber führe.“ Diekmann hatte das Gespräch zusammen mit dem „Times“-Kolumnisten Michael Gove (im Nebenberuf Tory-Abgeordneter im Unterhaus und entschiedener Brexit-Anhänger) am Freitag im Trump Tower in New York geführt. Sollte es auch Diekmanns Absicht gewesen, seinem baldigen Ex-Arbeitgeber zu zeigen, was für ein Scoop-Master da geht, dann ist ihm das eindrucksvoll gelungen. Allen in der "Bild"-Gruppe, allen voran "Bild"-Chefredakteurin Tanit Koch wird vor Augen geführt, wie hoch die Latte für alle Diekmann-Nachfolger hängt.
"Das ungewöhnlichste Interview", das Diekmann je geführt hat
Diekmann und Trump haben für den Termin fast identische Krawatten und Anzüge in ihren Kleiderschränken gefunden. Der "Bild"-Herausgeber bezeichnete hernach das Gespräch mit Trump als „das ungewöhnlichste Interview“, das er je geführt habe. „Denn die Aussagen kommen nicht feingeschliffen aus der Waschmaschine, nachdem sich noch etliche Kommunikationsberater über sie gebeugt haben.“ Es gebe bei Trump „keine Formelsprache wie sonst oft üblich“.
Der Eindruck von dem Treffen im "nicht sehr großen, völlig überfüllten Büro" muss so nachhaltig gewesen sein, dass Diekmann in seinem Kommentar formuliert: "Über den Job des US-Präsidenten sagt man: Jeder Mann wollte das Amt verändern - und immer hat das Amt den Mann verändert. Mit Trump könnte es anders kommen."
Das ist eine große, vom Gesprächsverlauf her übergroße Aussage, die von Trumps eigenen Aussagen nicht oder nur sporadisch gedeckt ist. Er wirkt fahrig, nicht eben faktensicher, ja, er haut, nein, er twittert Sätze aus, bei denen deutschen Politikern und dem deutschen Publikum Hören und Sehen vergehen könnte. Die Nato sei "obsolet", Kanzlerin Merkel hat mit ihrer Flüchtlingspolitik "einen äußerst katastrophalen Fehler gemacht", "ich würde BMW sagen, wenn sie eine Fabrik in Mexiko bauen und Autos in die USA verkaufen wollen ohne eine 35-Prozent-Steuer, dann können sie das vergessen". Trump spricht wie ein Dealer-Präsident. Seine Drohungen werden gleich via Skype-Interview mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel aufgefangen, auch diesen Aspekt, bei den Reaktionen vorne zu liegen, verpasst die "Bild"-Truppe nicht. Montag ist "Bild"-Tag. Und Kai Diekmanns Stunde. "Dieses Interview dürfte Geschichte schreiben: Donald Trump in BILD vier Tage vor der Amtseinführung", steht auf Seite 1 der Boulevardzeitung. Und als Wasserzeichen: Kai Diekmann hat Geschichte geschrieben.