zum Hauptinhalt
Die iPad-App Flipboard geht beim Zusammenstellen von Nachrichten sehr freizügig mit fremden Texten um.
© Tsp

Leistungsschutzrecht: Schnipseln bleibt erlaubt

Das umstrittene Leistungsschutzrecht für Presseverlage wurde von der Regierungskoalition entschärft. "Kleinste Textausschnitte" bleiben für Suchmaschinen und Aggregatoren weiterhin lizenzfrei. Dem Verlegerverband BDZV ist dies nicht unrecht.

Eine „Lex Google“ wird es nicht geben. Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP hat den Gesetzentwurf für das Leistungsschutzrecht für Presseverlage, über den der Bundestag am Freitag in zweiter und dritter Lesung beraten und abstimmen soll, in einem entscheidenden Punkt geändert. Suchmaschinen und andere ähnlich arbeitende Dienste müssen für „einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte“ nach dem nun vorliegenden Entwurf auch in Zukunft keine Lizenzen bei den Presseverlagen erwerben. Welche Länge die Textausschnitte jedoch haben dürfen, sagt die Vorlage nicht.

Am Dienstag hatten sich die Regierungsparteien im Grundsatz auf die Änderung geeinigt. Am Mittwoch passierte die abgeschwächte Form des Gesetzentwurfes den Rechtsausschuss des Bundestages. Die von den Grünen erhobene Forderung, wegen der kurzfristigen Änderungen neue Expertenanhörungen anzusetzen, wurde abgelehnt.

Der Bundesverband der Zeitungsverleger BDZV verzichtete darauf, die Änderungen zu kritisieren. „Wir gehen davon aus, dass das Leistungsschutzrecht erstmals eine Rechtsposition der Presseverleger schafft, die ganz wesentlich zu dem notwendigen Schutz der gemeinsamen Leistungen von Verlegern und Journalisten im digitalen Zeitalter beitragen wird“, erklärte der Verband und stellte sich damit auf den Standpunkt, dass eine verwässerte Regelung besser ist als gar keine.

Für den SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil stellt das Leistungsschutzrecht hingegen eine „Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Rechtsanwälte“ dar. Ansgar Heveling von der Unionsfraktion sieht dagegen Verlage und Internetdienste in der Pflicht, Details wie die Länge der "Snippets", also der Textschnipsel, festzulegen.

Der Gesetzestext lässt Fragen offen

Die Regierungsparteien hatten das Leistungsschutzrecht für Presseverlage in ihre Koalitionsvereinbarung geschrieben. Mit dem Gesetz sollen die wirtschaftlichen Interessen der Presseverleger und der kommerziellen Internetnutzer neu ausbalanciert werden. Von den Gegnern wurde das Leistungsschutzrecht hingegen als Steuer kritisiert, mit der die Gewinne von Internetunternehmen wie Google abgeschöpft werden sollen. Das Schutzrecht soll dem Entwurf zufolge nur gegenüber Suchmaschinen und Aggregatoren gelten, nicht aber gegenüber Bloggern, Unternehmen, der sonstigen gewerblichen Wirtschaft oder Verbänden, Rechtsanwälten sowie privaten oder ehrenamtlichen Nutzern.

Als Argument für die Einführung des Schutzrechts wurden vergleichbare Rechte für die Musikwirtschaft angeführt. Nach dem Kompromiss dürfen Internet-Suchmaschinen wie Google oder News-Aggregatoren wie Meltwater oder Flipboard „einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte“ von fremden Medien-Inhalten auch ohne eine Lizenz verwenden. In der ursprünglichen Fassung hatte es noch geheißen, dass den Presseverlagen mit dem Leistungsschutzrecht „das ausschließliche Recht eingeräumt (wird), Presseerzeugnisse zu gewerblichen Zwecken im Internet öffentlich zugänglich zu machen“.

Von der Industrie und Verbänden wie die IT-Lobbyorganisation Bitkom war das Leistungsschutz in seiner bisherigen Form grundsätzlich abgelehnt worden, weil es dafür keine Notwendigkeit gegeben habe. Die Rechte der Autoren an ihren Texten sei bereits durch das Urheberrecht geschützt, hieß es. Zudem wurde kritisiert, dass die unklaren Formulierungen eine nicht abschätzbare Gefahr für viele Internet-Dienste darstellten. So sei unklar, worum es sich bei einem Presseerzeugnis genau handelt, wer Inhaber des Schutzrechtes sei und ob es zum Beispiel auch für regelmäßige Blogger gelten soll, wandte der Bitkom-Verband ein.

Aber auch innerhalb der Regierungskoalition ist das Gesetz nach wie vor umstritten. So zeichnet sich ab, dass einige jüngere Abgeordnete aus den Reihen der schwarz-gelben Koalition dem Gesetz am Freitag nicht zustimmen werden.

Kurt Sagatz

Zur Startseite