Pegida-Interview bei "Panorama": RTL verschärft Regeln für Reporter
Ein RTL-Reporter gab auf einer Pegida-Demonstration als islamkritischer Demonstrant dem NDR-Magazin "Panorama" ein Interview. Das kostete ihn den Job. Jetzt hat RTL die Verhaltensregeln für seine Mitarbeiter verschärft
Zu viele Türken auf den Straßen, bald syrische Bürgerkriegsverhältnisse in Deutschland, so hat ein Demonstrant auf der Pegida-Versammlung am vergangenen Montag in Dresden einem Team des NDR-Politmagazins „Panorama“ seine Sorgen und Befürchtungen in einem Interview geschildert. Peinlich nur, dass es sich bei dem jungen Mann mit der Wollmütze nicht um einen „Patriotischen Europäer“, sondern einen RTL-Reporter im Undercover-Einsatz gehandelt hat. Dem Mann kostet sein Verhalten den Job, das gegenseitige Vertrauen sei zerstört, die Zusammenarbeit werde beendet, teilte der Leiter des RTL-Landesstudios Ost, Thomas Präkelt, am Sonntag mit.
Am Montag hat RTL-Chefredakteur Michael Wulf hat auf den Auftritt seines Reporters Senders bei einer „Pegida“-Demonstration in Dresden reagiert. Wulf sagte dem Tagesspiegel: „Der Reporter hatte den expliziten Auftrag, lediglich Stimmungen und Gespräche der Demonstranten untereinander einzufangen. Auch wenn sich hier rein handwerklich das Mittel der verdeckten Recherche mit versteckter Kamera als eine Option angeboten hat, so war es in diesem Fall nicht die richtige Herangehensweise.“ Wirkliche Undercover-Recherchen seien eine probate Vorgehensweise dann und nur dann, wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft sind, um Missstände aufzudecken und zu dokumentieren. „Verdeckte Einsätze und Undercover-Recherchen müssen in Zukunft noch genauer im Vorfeld abgewogen und in jedem einzelnen Fall mit der Chefredaktion abgestimmt werden“, sagte der RTL-Chefredakteur.
Die einzig richtige Entscheidung wäre es für den Journalisten auf der Demonstration gewesen, das Interview abzulehnen, sagte Michael Konken, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV). „Mit seinem Verhalten gibt der RTL-Reporter den Menschen, die sich da jeden Montag treffen, neues Futter, um gegen den Journalismus zu schießen. Das hat die Glaubwürdigkeit in den Journalismus erschüttert, nicht nur bei den Pegida-Anhängern, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit.“
"Panorama": schlicht dämliches Verhalten
Für Volker Steinhoff, den „Panorama“-Redaktionsleiter ist das Verhalten des Reporters schlicht „dämlich“. „Wir haben gerade nicht gezielt nach ,Glatzen‘, NPD-Funktionären etc. gesucht, obwohl die auch da waren. Sondern die anderen interviewt, die in der Mehrheit waren. Nun wird das durch einen RTL-Reporter in Frage gestellt.“
„Das geht gar nicht! Damit gibt man denen ein gutes Argument, die immer ,Lügenpresse‘ rufen“, hatte „Panorama“-Redaktionsleiter Volker Steinhoff auf der Webseite des Magazins geschrieben, nachdem sich der RTL-Reporter beim NDR gemeldet hatte und sich dort dann doch noch als Journalist zu erkennen gab. Der „Panorama“-Bericht hatte bereits vor dem Outing des RTL-Mannes in der Kritik gestanden. Die Redaktion hatte sich dazu entschieden, die Interviews mit Pegida-Demonstranten unkommentiert zu senden. „Der Zuschauer, der nicht in Dresden war, soll sich selbst ein Urteil bilden“, erklärte Steinhoff. Dies wurde auf Twitter überwiegend positiv kommentiert, allerdings es wegen der fehlenden Einordnung auch kritische Tweets gegeben. „Wir haben darüber diskutiert, ob man faktisch falsche Behauptungen, die zuhauf kommen, widersprechen muss. Aber das hätte wieder etwas Bevormundendes gehabt.“ Damit die Zuschauer sich selbst davon überzeugen können, dass die Redaktion die Interviews nicht manipuliert hat, wurde das komplette Drehmaterial online gestellt.
DJV-Chef: Verdeckte Recherchen sind grundsätzlich erlaubt
Verdeckte Recherchen gehörten dennoch grundsätzlich zum Handwerkszeug von Journalisten, sagt DJV-Chef Konken. Sonst wären manche Recherchen zum Beispiel zur NPD nicht möglich gewesen. „Die Pegida-Bewegung ist jedoch keine abgeschottete Szene. An diese Demonstrationen kommt man überall offen ran, das hat ,Panorama‘ gezeigt.“ Doch wie kann das Verhältnis zwischen Medien und Pegida-Demonstranten gekittet werden? Dazu hat auch der DJV-Vorsitzende kein vorgefertigtes Rezept. „Wir müssen weiter offen berichten und dürfen das Thema Islamisierung nicht ignorieren. Statt Ängste zur schüren, sollte solchen jedoch entgegengewirkt werden, damit dies nicht in Ausländerhass mündet.“