ARD-Krimi: Roland Kaiser rockt den "Tatort"
Im Münsteraner "Tatort: Summ, Summ, Summ“ gibt Roland Kaiser den egozentrischen Schlagerstar Roman König. Das wirkt zwar an manchen Stellen leicht steif, aber Kaiser spielt geschickt mit den Vorurteilen zum Showbiz.
Eine bessere Promotion als einen handfesten Streit, der auf dem Boulevard ausgetragen wird, kann es kaum geben. Vor der Ausstrahlung des neuen „Tatorts“ aus Münster am Sonntag, in dem Roland Kaiser eine zentrale Rolle spielt, berichtet „Bild“ von Zoff zwischen dem Schlagersänger und Produzent Jack White. Es geht um den Song „Egoist“, der extra für diesen „Tatort“ komponiert wurde und im Radio schon rauf und runter läuft. Kaiser hat nun laut „Bild“ in zwei Instanzen erfolglos gegen White geklagt, weil er verhindern wollte, dass „Egoist“ auf seinem neuen Live-Album als Bonus-Song erscheint. Zu den Gründen wollte sich der Schlagerstar nicht äußern, die Boulevardzeitung schreibt von Branchenspekulationen, wonach Kaiser an einer Auskoppelung extra Geld verdienen will.
Der Streit zwischen Kaiser und White hätte von Stefan Cantz und Jan Hinter, den Drehbuchautoren des „Tatorts“ mit dem Titel „Summ, Summ, Summ“, nicht besser ausgedacht worden sein. Der 60-jährige Roland Kaiser („Santa Maria“) spielt den Schlagerstar Roman König, der in seiner Heimatstadt Münster ein Konzert geben will. Tatsächlich kommt es im Film ebenfalls zu einem vergleichbaren Streit zwischen „alten Kollegen“ im Musikgeschäft. Kaiser selbst wurde übrigens in Berlin geboren, lebt aber tatsächlich in der westfälischen Beamten- und Studentenstadt Münster – der Liebe wegen, wie er sagt. Auch das ein zentrales Thema des ARD-Krimis.
Im Film wird am Tag vor dem Konzert mit Roman König im Müllcontainer eines Einkaufscenters eine Frauenleiche gefunden – „gepflegt gekleidet und sauber stranguliert“, wie Rechtsmediziner Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) konstatiert. Der versnobte Professor hatte gerade im Dutzend billiger eingekauft. Im Bananenkarton gab es zwei Riesenspinnen gratis. Jedenfalls müssen sich Boerne und sein Wohnungsnachbar Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl) eine neue Unterkunft suchen. Kurzum: Auch dieser „Tatort“ ist wieder ein Krimi der ganz besonderen Art. Immerhin wird der Humorbogen dieses Mal nicht überspannt. Neben den Spinnen spielt das Bienenvolk von Thiels Vater Herbert (Claus D. Clausnitzer) zwar auch eine Rolle, aber auf furzende Kühe wurde anders als zuletzt im „Wunder von Wolbeck“ verzichtet.
Bei der Leichenschau findet Boerne bei der Ermordeten, bei der es sich um eine Journalistin aus Bremen handelte, neben einer tätowierten blauen Tulpe eine Ehrenkarte für das Konzert von Roman König. Nicht nur Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann) weiß darüber erstaunlich gut Bescheid, während Thiel wenig übrig hat für den „Schlagerhansl“, dessen Texte Boerne an „pubertäre Oberschülerlyrik“ erinnern. „Ein Egoist, wie ich einer war, endete früher oder später in der Einsamkeit, wird ein Opfer seiner Rücksichtslosigkeit“, heißt es in seinem aktuellen Hit.
Alle Achtung: Roland Kaiser spielt geschickt mit den Vorurteilen zum Showbiz. Seinen ersten Top-Ten-Hit hatte der Sänger 1977 mit „Sieben Fässer Wein“, seither hat er so viel Bühnen- und somit auch Kameraerfahrung gesammelt, dass ihm der „Tatort“-Einsatz offenkundig nicht besonders schwer fiel. „Ich spiele einen Sänger, der schon viele Jahre im Geschäft ist. Mit dieser Rolle kann ich mich natürlich gut identifizieren“, sagte er und stellt zugleich klar: „Dieser Roman König ist ein größerer Egoist als ich. So wie er möchte ich nicht sein.“ Er lege Wert auf Stil und gutes Benehmen. „Als Familienvater können Sie kein Egoist sein.“ Mitunter wirkt Kaisers Spiel leicht steif und hölzern, insgesamt agiert er aber angenehm abgeklärt und gelassen. Seine Fans kennen seine selbstironische Seite schon länger, nun lernt sie auch die „Tatort“-Gemeinde kennen. Im Film erliegen nicht nur die weiblichen Fans – seine Agentin (Ulrike Krumbiegel) muss ihn sogar vor einer hartnäckigen Stalkerin (Fritzi Haberlandt) schützen – Königs Charme, selbst Boerne lässt sich von der gemeinsamen Liebe zur klassischen Musik einwickeln. „Man mag mir einiges nachsagen, aber eines bin ich sicher nicht: ein Snob“, sagt Boerne und besucht sogar Königs Konzert.
Bis zum ersten „Tatort“ mit Til Schweiger, den 12,57 Millionen Zuschauer sahen, waren die Münsteraner unter den aktiven ARD-Krimis die erfolgreichsten. Nur das legendäre Duo Stoever/Brockmöller mit Manfred Krug und Charles Brauer kam 1992 in „Stoevers Fall“ mit 15,86 Millionen Zuschauern auf eine noch bessere Quote. Dass Schweiger Liefers und Prahl vom Spitzenplatz verdrängen würde, war bei der Konzeption von „Summ, Summ, Summ“ nicht abzusehen. Nun aber könnte der Schauspielausflug von Roland Kaiser und die „Aufregung“ um den Streit zwischen Kaiser und White die alte Rangordnung wieder herstellen. Vor allem, wenn der eine oder andere Fan des ZDF-„Herzkinos“ an diesem Sonntag („Inga Lindström: Frederiks Schuld“) zur ARD wechselt. Und Roland Kaiser kann sicher sein, dass alle Fans von seiner neuen CD wissen. In jedem Fall hat Regisseur Kaspar Heidelbach die perfekte Balance zwischen Krimi und Klamauk gefunden. „Summ, Summ, Summ“ hat Witz und Tempo, hier summen nicht nur die Bienenvölker. Boerne, Thiel und König rocken den „Tatort“.
„Tatort: Summ, Summ, Summ“, ARD, Sonntag, 20 Uhr 15
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