TV für Deutschland: Realität ja, aber nur gescripted!
Deutschland langweilt sich. Das ist die Chance für den Unterhaltungssender RTL. Der schickt deutsche Menschen, einsame Landwirte und Frauen mit dem Wunsch auf Frauentausch, in Reality-Formate. Scripted natürlich, sonst wird es langweilig.
Bei Katharina Saalfrank hat es sieben Jahre und 145 Folgen gedauert, bis die Diplompädagogin bemerkt hat: Hoppla, die bei RTL wollen mit der „Super Nanny“ anderes als nur Coaching-Fernsehen. Die wollen Quote machen, Geld verdienen, warum nicht mit echten Eltern, echten Kindern, echter Diplompädagogin? Echt ist toll, echt klingt nach authentisch, aber manchmal reichen echt und authentisch nicht. Also wird nachgeholfen, „scripted reality“ hat sich als Begriff, als Handwerk, als Methode jenes Fernsehens eingebürgert, das mit vorgeschriebener und inszenierter Realität unterhalten will. Lustig, krass, emotional, Schadenfreude, alles muss dabei sein, selbst wenn Aufklärung die Absicht war. Die Protagonisten haben sich verpflichtet, dass sie sich zum Narren machen, die Zuschauer wissen, dass sie betrogen werden, der Sender weiß um seine Dealer-Rolle. Und „Bauer sucht Frau“ ist für alle drei Parteien konstant erfolgreich, am Montag sahen 7,60 Millionen zu.
Ein bestimmtes Fernsehen funktioniert nur in einem bestimmten Umfeld. Deutschland ist ein gelangweiltes Land. Mit Mühe wird so ein Tag rumgebracht, bis abends das Fernsehen zum Unterhaltungs-Halali ruft. Lonesome Landwirte, Frauen, die sich tauschen lassen, Messies auf der privaten Müllhalde zu Hause. Wohlig kuschelt sich das Publikum in die Kissen und ergötzt sich am vorführten Panoptikum. Das neue Deutschland in seiner übergroßen Mehrheit ist nicht Ost oder West, nicht links oder rechts, nicht Nazi oder Antifa, es ist überversorgt und unterunterhalten. Scripted reality.
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