Polit-TV: Politik im Hinterzimmer
„Gefährliche Seilschaften“: Arte zeigt die dänische Variante der US-Serie „West Wing“.
Birgitte Nyborg lässt in der letzten Fernsehdebatte vor der Wahl die vorbereitete Rede ihres „Spindoktors“, ihres Wahlkampfberaters, links liegen. Stattdessen redet sie frei und unverkrampft, spricht über ihre Gewichtszunahme und die schwieriger gewordene Kleiderwahl ebenso wie über die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich und die Zerrissenheit der Gesellschaft. „Wir müssen wieder lernen, ehrlich zu sein“, sagt sie. Ein Satz, der überall auf der Welt gerne gehört wird, nicht nur in Dänemark. Aber auch ein Vorsatz, den viele den Politikern nicht wirklich abnehmen. Kann man auf ehrliche Weise an die Macht gelangen? Und als Mächtiger ehrlich bleiben?
Der prinzipientreuen Nyborg traut man es zu. Kurz vor der Wahl den Ton gegenüber Asylbewerbern zu verschärfen, das lehnt sie ebenso ab wie das dubiose Angebot, Belege für ein privates Fehlverhalten des Regierungschefs zu verwenden. Das klingt unwirklich und ist es auch, denn die sympathische 40-Jährige ist eine erfundene Figur. Von ihrem Aufstieg von der Chefin einer kleinen Oppositionspartei zur Ministerpräsidentin und ihrem ersten Jahr im Amt erzählt die zehnteilige dänische Serie „Gefährliche Seilschaften“, entwickelt und produziert von den „Kommissarin Lund“-Machern.
Bei den skandinavischen Nachbarn sorgte „Borgen“ – so der knackigere Originaltitel (nach Schloss Christiansborg, dem Sitz des dänischen Parlaments und des Ministerpräsidenten) – für hohe Einschaltquoten. Nyborg-Darstellerin Sidse Babett Knudsen trägt die Last der Hauptrolle mühelos, aber neben der Figur der Politikerin und ihres Mannes, eines erfolgreichen Wirtschaftsprofessors, werden noch weitere Geschichten mehr oder weniger kontinuierlich verfolgt: die eines ehrgeizigen „Spindoktors“, einer jungen Fernsehjournalistin und des zynischen Oppositionsführers.
„Gefährliche Seilschaften“ wirkt wie eine Weiterentwicklung der ersten „Lund“-Staffel, in der bereits die Kopenhagener Lokalpolitik eine wichtige Rolle gespielt hatte. Hier nun verzichten die Autoren vollständig auf eine Krimihandlung. Es geht um Ränkespiele im Hinterzimmer, um den Einfluss der Medien, insbesondere des Fernsehens, und nicht zuletzt um den Preis, den Politiker in ihrem Privatleben bezahlen. Also eine dänische Variante der vielfach gelobten und preisgekrönten NBC-Serie „The West Wing“ (mit Martin Sheen als US-Präsident), die in Deutschland allerdings nur im Pay-TV-Kanal Fox zu sehen war.
Jenseits der Nachrichten, Magazine, Talkrunden und Comedy-Formate hat es die Politik im Fernsehen hierzulande schwer. Das ZDF scheiterte 2005 mit dem Versuch, den Berliner Politbetrieb in einer Serie zu skizzieren. „Das Kanzleramt“ (mit Klaus J. Behrendt als Bundeskanzler) floppte. Im Vergleich dazu ist „Gefährliche Seilschaften“ weniger bieder inszeniert und komplexer konstruiert. Außerdem ermöglicht der Schauplatz Kopenhagen den Zuschauern, die sonst die Wulffs, Merkels und Röslers dieser Republik vor Augen haben, einen distanzierten und „unschuldigen“ Blick auf das fiktive politische Treiben.
Während zum Auftakt der überraschende Wahlsieg und Nyborgs Aufstieg zur Ministerpräsidentin erzählt wird, rücken später auch inhaltliche Themen stärker in den Vordergrund. In Folge vier geht es um den Umgang mit Guantanamo-Häftlingen, in Folge fünf um eine gesetzlich verpflichtende Frauenquote, in Folge sechs um den Staatsbesuch eines Diktators. Nyborg bekommt es außerdem mit einem Abhörskandal und Korruptionsvorwürfen zu tun – reichlich Gelegenheiten also, um sich treu zu bleiben. Oder auch nicht.
„Gefährliche Seilschaften“, Arte, jeweils donnerstags, 20 Uhr 15
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