zum Hauptinhalt
Olli, die Unschuld. Oliver Welke und seine Mitstreiter der „heute-show“ können von sich sagen, dass sie bei der Politiker-Verarsche weder Freund noch Feind kennen
© Guido Engels/ZDF

Friede, Freude, Sendekuchen: Oliver Welke ist nur der Hofnarr

Der Streit zwischen "heute-show“ und Bundestag stört nicht die Zweisamkeit von ZDF und Politik.

Menschlich verständlich wäre die Reaktion schon. Aber wäre sie politisch klug? Die „heute-show“ im Zweiten Deutschen Fernsehen lebt zu einem Gutteil von (verbalen) Ausrutschern und Absonderlichkeiten der politischen Klasse. Da macht die Satiresendung schneller Beute, als Politikerin X und Politiker Y lieb sein kann. Da muss der Verdacht aufkeimen, dass die Politiker reagieren. Also sich verweigern, wenn Redaktionen, und nicht nur die politischen der öffentlich-rechtlichen Anstalt wegen Statements, Interviews oder Talkauftritten anfragen. Dieser Verdacht wird sowohl vom Sender als auch von der politischen Kaste emsig zerstreut. Elmar Theveßen, Leiter der ZDF-Hauptredaktion Aktuelles, lässt ausrichten, ihm sei kein Beispiel bekannt, dass aufgrund der „heute-show“ gewünschte Gesprächspartner für ZDF-Sendungen abgesagt hätten.

Gibt es nicht, kommt nicht vor, wer in die Politik geht, muss damit rechnen, dass er in den Medien umkommt, lauten Politiker-Antworten einer nicht repräsentativen Tagesspiegel-Umfrage.

Klar, der Blick wäre verengt, ja verzwergt, wenn die Zweierbeziehung Politik/ZDF auf die Plattform der „heute-show“ fixiert würde. „heute“, „heute-journal“, „Frontal 21“, das „Morgenmagazin“, „Maybrit Illner“, „Peter Hahne“, das zweite Programm ist – wie das erste – durchzogen von Berührungspunkten und Begegnungen der journalistisch-politischen Art. ZDF-Mitarbeiter berichten, dass die schlechte Erfahrung mehr präge als die gute. Ein kolportiertes Beispiel: Eine Magazin-Redaktion führt ein langes Gespräch mit einem Politiker. Verwendet wird aber nur das eine „fiese“ Statement, das zum Tenor des Beitrags passt. Der Politiker findet, er komme ungerechtfertigt „schlecht“ weg. Das werden sich der Politiker und seine Mitarbeiter merken. Bei künftiger Anfrage wird nicht Nein gesagt, aber auf die Fragen des Journalisten immer im Eine-Antwort-Modus retourniert. Eine reine Vorsichtsmaßnahme: Da im Fernseh-, anders als im Printjournalismus Zitate nicht autorisiert werden, kann der Fernsehschaffende den einen Satz verwenden oder eben nicht. Der Politiker sieht sich in Sicherheit – wenn er nicht gleich den angefragten Termin abgesagt hat.

Peter Hahne, Moderator der gleichnamigen Talkshow, hat die Erfahrung gemacht: „Wenn Politiker davon ausgehen, dass sie fair behandelt werden, dann kommen sie auch.“ Sie erwarteten keine Hofberichterstattung, denn jeder clevere Politiker wisse, „je kritischer die Fragen, desto besser komme ich bei intelligenten Antworten weg.“

Der Pressesprecher des Bundestags, Ernst Hebeker, hat durchaus Verständnis für das Misstrauen der Politiker, auch wenn er sagt, ihm sei „so etwas offiziell nicht bekannt“. Nur wegen des Ärgers um die „heute-show“ käme das ZDF im Bundestag aber jetzt auf keinen Fall schlechter weg. „Da gibt es keine Probleme. Das ZDF ist ja immer da“, sagt Hebeker. Er spielt damit auf die stationären Kameras des Senders auf der Pressetribüne an. Pleiten, Pannen oder peinliche Versprecher der Politiker werden auch von diesen Kameras aufgezeichnet – ob Schnipsel davon nun für trockene Polit-Berichterstattung oder Satire verwendet werden, steht dem ZDF letztlich frei. Das Material ist frei zugänglich, alle ZDF-Sendungen können es nutzen. Dass die „heute-show“ jetzt so vehement mit eigenen Reportern in den Bundestag will, hat laut Hebeker eventuell auch kommerzielle Gründe: Die Sendung wird von einer Produktionsfirma für das ZDF produziert, für die es seiner Meinung nach rentabel sein könnte, selbst gefilmte Inhalte an das ZDF zu verkaufen – anstatt auf das bereits vorhandene Material zurückzugreifen.

Die „heute-show“ lässt derweil nicht locker. Laut Hebeker hat Reporter Ralf Kabelka am Mittwoch erneut versucht, in den Bundestag zu gelangen – ohne Erfolg. „Es ist nicht einmal Sitzungswoche, es sind kaum Politiker da, mit denen er sprechen könnte“, sagte Hebeker. Der „heute-show“ geht es aber mittlerweile wohl ums Prinzip: Kabelka soll die Polizisten, die den Eingang am Friedrich-Ebert-Platz bewachen, regelrecht belagert haben – mit der Aussage „Wir warten so lange, bis wir reingelassen werden“. Der Dauerprotest scheiterte dann aber am schlechten Wetter. Den erneuten Versuch einer Akkreditierung hat die „heute-show“ nach Hebekers Aussage indes noch nicht unternommen.

Es geben sich also gelassen: die Bundestagsverwaltung, die Politiker, das offizielle ZDF. Und Oliver Welke? Er wird vom Politik-Fernseh-Betrieb so ernst genommen wie der Hofnarr.

„heute-show“, 22 Uhr 15, ZDF

Zur Startseite