Als Reaktion auf neue Missbrauchsvorwürfe: Norwegens Rundfunk spielt keine Michael-Jackson-Songs mehr
Neue Vorwürfe in der Doku "Leaving Neverland", keine neuen Beweise, trotzdem verzichtet Norwegens Rundfunk auf Songs des "King of Pop"
Der norwegische Rundfunk NRK will auf seinen Radiosendern zwei Wochen lang keine Lieder von Michael Jackson spielen. Grund seien die in einer US-Fernsehdokumentation erhobenen Missbrauchsvorwürfe gegen den „King of Pop“, teilte der NRK am Montag mit.
„Michael Jackson hat eine enorme populärkulturelle Bedeutung gehabt und ist für ein großes Publikum ein wichtiger Künstler“, erklärte NRK-Musikchef Knut Henrik Ytre-Arne. Dessen Musik komplett zu verbannen, sei deshalb zunächst schwierig. Ab diesem Freitag werde man 14 Tage lang die Songs von Jackson aus den Wiedergabelisten der Sender P1, P13 und P1+ entfernen und dann schauen, wie das Publikum auf den Inhalt der Doku reagiere. Wenn sich ein zuständiger Programmleiter entschließe, doch Musik des Popsängers zu spielen, sollte den Zuhörern erklärt werden, warum. Der NRK will die Doku an diesem Sonntag ebenfalls zeigen. Im deutschen Fernsehen sind bisher keine Ausstrahlungstermine bekannt.
In der Dokumentation „Leaving Neverland“ werfen zwei erwachsene Männer Jackson vor, sie im Kindesalter sexuell missbraucht zu haben. Die erste Hälfte wurde am Sonntag trotz heftigen Widerstands von Jacksons Nachlassverwaltern beim Bezahlsender HBO ausgestrahlt, die zweite sollte am Montagabend folgen. Die Nachlassverwalter werfen Filmemacher Dan Reed vor, "gegen jede Regel von verantwortungsvollem Journalismus und Dokumentarfilmen" zu verstoßen, da er weder die Nachlassverwalter noch Jacksons Familie vor die Kamera holte. Reed entgegnet, er habe Augenzeugen sprechen lassen wollen. Die Familie könne nicht über das sprechen, was den Jungen geschehen sei. Für die Ausstrahlung des zweiten Teils von "Leaving Neverland" haben die Erben laut "Variety" schon ein Gegenprogramm angekündigt - den Konzertfilm "Live at Wembley Stadium" aus dem Jahre 1988. Bei HBO folgt auf die Doku eine Talk-Sondersendung namens "After Neverland", in der Oprah Winfrey mit Robson und dem Protagonisten des ersten Teils, Jimmy Safechuck, spricht.
Zwiespältige Reaktionen
Neue Beweise zu den Vorwürfen werden in dem Film von Regisseur Dan Reed nicht geliefert. Die Reaktionen sind zwiespältig. „Michael Jackson stand deutlich länger als ein Jahrzehnt unter Überwachung des FBI. Sie haben nichts gefunden, um Behauptungen von Kindesmissbrauch zu belegen“, schrieb TV-Produzent Elgin Charles bei Twitter. „Mit Blick auf die Erzählmethode ist „Leaving Neverland“ eine sehr schlechte Dokumentation“, schrieb Drehbuchautor und Filmemacher Gabriel Torrelles. Beim „größten Megastar der Welt und einem Verstorbenen“ erwarte er mehr Fakten und Recherche. Andere fragten, ob HBO höhere Einschaltquoten nötig habe.
Comedian Rosie O'Donnell bezeichnete den Film als „quälend“. Regisseur Morgan J. Freeman schrieb: „Dieser Mann muss von allen Sockeln entfernt werden und seinen angemessenen Platz in der Geschichte erhalten: ein Megastar, der seine Macht missbrauchte, um kleine Jungen zu belästigen.“ Der Film habe seine Antipathie gegen Jackson in „Übelkeit“ verwandelt, schrieb Regisseur Ben Rock. „Was für ein grotesker Widerling.“ Sport-Kommentator Jason La Canfora kündigte an, er werde „nie wieder einen Michael-Jackson-Song hören“. (mit dpa)
Joachim Huber