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Unruhe im Haus: Zurzeit meldeten sich viele Frauen mit Belästigungsvorwürfen.
© WDR/Herby Sachs

Vorwürfe wegen sexueller Belästigung beim WDR: Neues aus der Anstalt

Vorwürfe wegen sexueller Belästigung: Der WDR hat immer mehr Mühe, Ungereimtheiten zu erklären. Der DJV fordert eine lückenlose Aufklärung, wer beim WDR was wann gewusst hat.

Weiter Unruhe beim WDR: Zwei Korrespondenten von Deutschlands größter Landesrundfunkanstalt sollen Kolleginnen sexuell bedrängt haben. Diese Vorwürfe stehen seit Tagen im Raum, je mehr sich aber die jetzige Führungsspitze zu erklären versucht, desto mehr Fragen kommen auf. Auch beim DJV. Es geht vor allem um den merkwürdigen Umstand, dass ein Mitarbeiter, der auf einen Fall sexueller Belästigung im Unternehmen hinwies, ermahnt worden sein soll.

Über die beiden Vorwürfe von WDR-Mitarbeiterinnen hatten Correctiv und „stern“ berichtet. Der in dem einen Fall beschuldigte Redakteur sei vom damaligen Chefredakteur Jörg Schönenborn auf eine Korrespondentenstelle befördert worden, obwohl Schönenborn von den Vorwürfen gewusst haben soll. Dieser dementierte, jene Vorwürfe nicht ernst genommen zu haben. „Wir wollen, dass alles, was passiert ist, rauskommt“, sagte Schönenborn. Es habe damals eine umfassende Untersuchung der Geschäftsleitung gegeben.

„Am Ende hatten wir weder einen konkreten Vorwurf noch namentliche Opfer.“ Ohne Belege habe man den Mitarbeiter als unbescholten betrachten müssen. Angestoßen wurde die Untersuchung auch durch einen WDR-Mitarbeiter. Laut „Hamburger Abendblatt“ soll diesem später vorgeworfen worden sein, er habe ohne Auftrag im Fall recherchiert. Es gab eine auf den 17. Juni 2010 datierte Ermahnung, in der ihm vorgeworfen wurde, sein Verhalten sei geeignet, „ den Betriebsfrieden zu stören“. Der WDR sagt, die Ermahnung habe nichts mit den Hinweisen auf sexuelle Belästigung zu tun, sondern damit, dass der Mitarbeiter über dieses Thema mit Dritten gesprochen habe.

„Abgelehnt, verwässert oder aufgeschoben“

Der WDR habe dem Mitarbeiter gegenüber eingeräumt, dass im damaligen Verfahren unklar kommuniziert wurde, welche Rolle der Mitarbeiter nach seinen Hinweisen bei der weiteren Aufklärung übernehmen sollte, sagte eine WDR-Sprecherin auf Tagesspiegel-Nachfrage. Dies habe der WDR gegenüber dem Mitarbeiter bis ins Jahr 2015 mehrfach eingeräumt, damit war die Ermahnung für den WDR seit dieser Zeit gegenstandslos.

Das Signal, dass vermeintliche Täter mehr oder weniger ungeschoren davon kommen, Kollegen, die sich für Aufklärung einsetzen, zum Schweigen gebracht werden, sei fatal, sagt hingegen Volkmar Kah, Geschäftsführer DJV NRW. Ebenso fatal sei der entstandene Eindruck, dass Vorschläge aus dem Personalrat für strukturelle Veränderungen und Prävention systematisch „abgelehnt, verwässert oder aufgeschoben“ wurden.

„Deswegen fordern wir eine lückenlose Aufklärung.“ Dabei müsse klar benannt werden, welcher Vorgesetzte was wann wusste und wie er/sie reagiert hat. Der DJV-NRW begrüße die Entscheidung des WDR, auch auf externe Experten zurückzugreifen. „Diese müssen Fachleute für das Thema sein und dürfen nicht in einem bestehenden Abhängigkeitsverhältnis zum WDR sein.“

Die Kölner Anwaltskanzlei Küttner, die den Sender häufig in Arbeitsgerichtsverfahren vertritt, soll dem WDR helfen, die Vorwürfe aufzuklären. Die Unruhe im Haus dürfte noch größer werden. Zurzeit meldeten sich, so Schönenborn, viele Frauen mit Belästigungsvorwürfen.

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