Renald Luzier: Mohammed-Zeichner "Luz" verlässt "Charlie Hebdo"
Renald Luzier hatte das Titelbild der ersten Ausgabe von "Charlie Hebdo" nach dem Anschlag auf die Redaktion gezeichnet. Nun verlässt der Zeichner das Satiremagazin. Das Blatt befindet sich in der Krise: 15 der 20 Redakteure stellen sich gegen die Geschäftsführung.
Das Gerücht kursierte schon einige Zeit. Nun ist es bestätigt. Der Zeichner Renald „Luz“ Luzier gibt auf. Im September werde er dem Satiremagazin "Charlie Hebdo" nicht mehr angehören, kündigte er am Dienstag in einem Interview der Tageszeitung „Libération“ an. Das französische Satireblatt verliert damit den profiliertesten Zeichner, der ihm nach dem blutigen Anschlag islamistischer Terroristen vom Januar dieses Jahres erhalten geblieben ist. Von ihm stammt die historisch zu nennende Karikatur des Propheten Mohammed mit dem Ausspruch "Alles ist vergeben" auf der Titelseite der Ausgabe, mit der „Charlie Hebdo“ schon eine Woche nach dem Anschlag mit mehreren Millionen Exemplaren weiter erschien.
Für Luz ist es eine "sehr persönliche Entscheidung"
Mit den internen Querelen, die seit dem Attentat für Spannungen in der Redaktion sorgen, habe sein Schritt nichts zu tun, sagte er. Es handele sich vielmehr um „eine sehr persönliche Entscheidung“, über die er schon länger nachgedacht habe. Durch das Attentat sei sein Entschluss beschleunigt worden. „Wenn ich jetzt gehe, dann deshalb, weil es für mich schwierig geworden ist, über das aktuelle Geschehen zu arbeiten“, sagte er. Nach dem Attentat hätte er gern mehr Zeit gebraucht, aber man habe schnell wieder anfangen müssen. In einem bestimmten Moment sei es dann zu viel geworden. Es gebe nur noch wenige Zeichner, sodass er drei von vier Titelseiten allein produzieren müsse. „Die Produktion jeder Nummer ist eine Tortur, weil die anderen nicht mehr da sind“, sagte er, „ich bringe schlaflose Nächte damit zu, mich zu fragen, was die Ermordeten – Charb, Cabu, Honoré, Tignous – wohl gemacht hätten.“ Nun wolle er wieder zu sich selbst finden. Um sein Trauma zu überwinden, hat er ein Comic-Heft gezeichnet, in dem er unter dem Titel „Catharsis“ beschreibt, wie er das Attentat erlebte. An diesem Mittwoch soll es in die Buchläden kommen.
Die Redaktion des Satiremagazins ringt nach Medienberichten derzeit um ihren künftigen Kurs und den Umgang mit den Millionen Euro, die nach dem Anschlag über zusätzliche Verkäufe und Spenden in die Kassen kamen. 15 der 20 Redakteure stellen sich gegen die Geschäftsführung, in der Zeitschrift "Le Monde" forderten sie mehr Mitbestimmung. Luz ist nicht der Einzige, den das Attentat nicht zur Ruhe kommen lässt. Es belaste jeden in der Redaktion, alle gingen zum Psychiater, sagte Redaktionsdirektor Riss in einem Gespräch mit der Zeitung „Le Monde“. Riss, der noch immer an der bei dem Attentat erlittenen Schulterverletzung laboriert und ständig von mehreren Polizisten beschützt wird, nahm darin erstmals öffentlich zu den redaktionsinternen Spannungen Stellung, die vergangene Woche durch eine einer Redakteurin angedrohte Entlassung erneut in die Schlagzeilen kamen.
Für die von einem Teil der Mitarbeiter geforderten Verhandlungen über eine Beteiligung am Kapital der Zeitung zeigte er sich offen. Er nannte auch erstmals Zahlen über die finanzielle Lage der Zeitung, die bei einer konsolidierten Auflage von wöchentlich 100 000 Exemplaren zum Ende des Jahres einen Überschuss von bis zu 15 Millionen Euro vor Steuern erwarten lasse. Es sei beschlossen, 70 Prozent der künftigen Gewinne in die langfristige Entwicklung des Blattes zu investieren. Wichtigstes Ziel sei derzeit, „eine neue Generation von Zeichnern zu finden“. Hans-Hagen Bremer, Paris