"Brandstifter" Springer: Milliardenpoker um Medienkonzern
Die Axel Springer AG will die WAZ-Gruppe kaufen. Doch dient das Angebot wohl in erster Linie dazu, den Konkurrenten zu schwächen.
Unschuldiger könnte der Satz kaum klingen: Es sei „nicht das Interesse, irgendein Störfeuer für die laufende Transaktion zu entfachen“, schreibt Springer-Chef Mathias Döpfner in einem Brief an die Eigentümer der Essener WAZ-Gruppe („Westdeutsche Allgemeine Zeitung“) – und entflammt erst recht den Kampf um das Medienhaus.
Für 1,4 Milliarden Euro will die Axel Springer AG („Bild“, „Welt“, „Hörzu“) die WAZ kaufen. Damit würde sich die Nummer eins auf dem deutschen Zeitungsmarkt die Nummer zwei einverleiben. Die WAZ bestätigte am Samstag den Eingang eines entsprechenden Angebots, das bereits am Freitag in Teilen vom „Manager Magazin“ veröffentlicht worden war.
In dem Brief an die Eigentümer, die sich aus der Familie Funke und den Nachfahren der Familie Brost zusammensetzen, schildert Döpfner drei Optionen, die ihm gefallen würden: Erstens ein Kauf von Teilen des Konzerns, wie den Programm- und Frauenzeitschriften, Regionalzeitungen und Anteilen an Auslandspublikationen wie „Krone“ und „Kurier“ aus Österreich. Zweitens der Erwerb von Firmenanteilen gemeinsam mit einzelnen Gesellschaftern aus dem Familienclan. Drittens der Kauf des ganzen Konzerns.
Doch erscheinen alle drei Optionen nicht nur wenig realistisch, sie widersprechen offensichtlich auch der bisherigen Springer-Strategie: Konzentration auf die Kernmarken, vor allem auf das Online-Geschäft, Mehrheits- und nicht Minderheitseigentümer sein. Erst kürzlich hat Springer diverse Beteiligungen an Regionalzeitungen abgestoßen. Und plötzlich soll wieder Interesse an Blättern wie der zur WAZ gehörenden „Braunschweiger Zeitung“ und „Thüringer Allgemeine“ aufkeimen? Dass eine Übernahme der gesamten WAZ-Gruppe auf „große kartellrechtliche Hürden“ stoßen würde, betont Döpfner selbst in seinem Schreiben.
Vielmehr dürfte Springer mit seiner Offerte den Konkurrenten für längere Zeit schwächen wollen. Denn sie platzt hinein in laufende Verkaufsverhandlungen. Zu jeweils 50 Prozent gehört die WAZ den Nachfahren der Gründer Jakob Funke und Erich Brost. Das sind auf der einen Seite die drei Funke-Töchter, zu denen die mit dem früheren WAZ-Chef Günther Grotkamp verheiratete Petra gehört. Und auf der anderen Seite die Brost-Enkel, die durch den Brost-Testamentsvollstrecker Peter Heinemann vertreten werden. Zwischen beiden Seiten herrscht unbedingte Parität.
Nun aber wollen die Enkel, die wohl wenig an der Zeitung interessiert sind, ihren Anteil verkaufen. 470 Millionen Euro bietet ihnen Petra Grotkamp. Die Parteien sollen sich bereits einig sein, Heinemann muss noch zustimmen. Doch jetzt kommt das Springer-Angebot, in dem der WAZ-Konzern 500 Millionen höher eingeschätzt wird als in der Grotkamp-Offerte.
„Prüfet alles und behaltet das beste“, kommentierte Heinemann mit einem Apostel-Paulus-Zitat das Springer-Angebot. Klaus Schubries, Sprecher des Funke-Stamms, teilt dagegen mit, dass die Funke-Gruppe „derzeit an einem Verkauf von Teilen der WAZ Mediengruppe nicht interessiert“ ist. Auch ein Verkauf von Geschäftsanteilen komme nicht infrage. „Daher ergeben sich keine Verhandlungsmöglichkeiten mit der Axel Springer AG“. Petra Grotkamp übermittelte zusätzlich über ihren eigenen Anwalt, dass die von Springer genannten Geschäftsbereiche „nicht zur Disposition“ stünden. Weiter: „Frau Petra Grotkamp wird sich nicht an Transaktionen beteiligen, welche eine Zerschlagung der WAZ-Mediengruppe oder die Veräußerung dieser Gruppe zum Inhalt oder zur Folge haben.“ Sie werde vielmehr dafür sorgen, „dass die WAZ-Mediengruppe weiter als unabhängiges Unternehmen bestehen bleibt“ und weise das „unaufgeforderte Angebot“ von Springer zurück. Grotkamp betonte, dass sie „gemeinsam mit der Familie Brost an dem Vorhaben des Erwerbs der Anteile der Familie Brost“ festhalte.
Springer wollte sich am Samstag zu diesen Reaktionen nicht äußern. Heinemann wird Döpfners Angebot aber wohl prüfen müssen, schließlich gilt es, den besten Preis für die Erben herauszuholen. Er könnte von Grotkamp nun einen höheren Betrag verlangen. Die neuen Verhandlungen dürften den Verkaufsprozess lähmen, vielleicht kommt er gar nicht zum Abschluss. Die WAZ bliebe gefangen in ihren schwierigen Eigentümerverhältnissen.
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