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Maria (Natalia Wörner) arbeitet im Garten. Ihr Sohn Matis (Lucas Reiber) beobachtet Lea im Nachbargarten. Maria holt ihn von der Hecke weg.
© ZDF

ZDF-Film: "Die Mutter des Mörders": Mein Sohn war’s nicht

„Die Mutter des Mörders“: Der geistig behinderte Matis soll Lea von nebenan erschlagen haben. Seine Mutter Maria sucht den wahren Täter

Also nicht die Heldin, die selbstbewusste, hochgeschürzte Frau, die alle Hürden zu nehmen weiß. Nein, diese Maria verlangt Natalia Wörner ein anderes Spiel ab. Den kleinen Radius, das Verhaltene, das Begrenzte, das niemals über sich hinauswachsen will und es jetzt doch muss. Maria lebt in Berlin mit ihrem Sohn Matis (Lucas Reiber), Anfang 20, in seiner Entwicklung zurückgeblieben. Sie verdient den Lebensunterhalt in einem Supermarkt, ihre Fürsorge gilt einzig und allein dem Sohn. Er arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Beide brauchen, beide wollen das Leben in genau arrondierten Bahnen, Matis braucht festgefügte Rituale, und was Matis braucht, das braucht auch Maria. Aufopferungsvoll, bedingungslos liebt sie den Sohn, sein Leben ist ihr Leben. Sie hadert nicht, sie will den Alltag genau so, dass beide nicht überfordert werden. Maria will nicht versagen.

Und dann knallt sie rein, die Überforderung. Matis wird verdächtigt, die attraktive Nachbarstochter Lea Gräf (Jeanne Goursaud) ermordet zu haben. Er verwickelt sich in Widersprüche, bei den Verhören setzt ihm der Kommissar Simon (Ernst Stötzner) mächtig zu. Matis gesteht den Mord. Jetzt ist Maria mehr gefordert als je zuvor. Sie will den wahren Mörder finden. Es kommen einige infrage: Leas Schwimmtrainer Sebastian Kreutzer (Rainer Strecker), der bereits vor vielen Jahren wegen sexueller Nötigung einer Schülerin verurteilt wurde; sein Sohn Elias (Sebastian Anklam) war mit Lea zusammen, wurde von der selbstgewissen „Lolita“ mit den Worten „Du bist langweilig“ abserviert. Und David Bacher (Axel Prahl), der Fahrer des Behindertenbusses hatte Matis Pornohefte weit überteuert verkauft, auch ihm war Lea Gräf schon aufgefallen. Dann geschieht ein Selbstmord.

Alles ohne großes Getöse, großes Getue

„Die Mutter des Mörders“ nach dem Drehbuch von Christian Schnalke bedient das Krimigenre, keine Frage, der Film ruft aber auch Themen wie Schuld, Scham und Versagen auf. Untergründig und je länger die 90 Minuten voranschreiten, desto offensichtlicher kommt die Frage nach Recht und Gerechtigkeit auf. Carlo Rola inszeniert das alles ohne großes Getöse, großes Getue, ohne große Gesten. Er achtet, wie das Ensemble insgesamt, sehr darauf, dass die Figuren nicht über sich hinauswachsen, aufgeblasen werden. Gut, da spielen in den wesentlichen Rollen Ernst Stötzner, Lucas Reiber, Axel Prahl oder als Psychologe Dr. Benjamin Sylvester Groth, das sind Kapazitäten, die ihren Beruf des klugen, sachdienlichen Schauspiels nicht schwänzen wollen.

Der Film hat in der Figurenkonstellation eine feine, spannungsreiche Equilibristik eingebaut, in diesem Vieleck wird Weiß nicht strahlend weiß und Schwarz nicht tiefschwarz. Und Natalia Wörner als gefordete, überforderte, symbiotisch dem Sohn verbundene Maria schleicht erst durch ihr Leben, dann schreitet sie als Mutter aus ihrem Leben heraus. Sehr glaubwürdig macht sie das, berechenbar in manchem Verhalten, unberechenbar in mancher Situation. Eine Figur, die der Zuschauer in den Anfangsminuten bestens zu kennen glaubt, dann überrascht wird, dann wieder nicht. Maria berührt, Matis berührt, „Die Mutter des Mörders“ berührt.

„Die Mutter des Mörders“, ZDF, Montag, 20 Uhr 15

Joachim Huber

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