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Ein Kölner Recyclingunternehmen erhielt wegen dieser Zeitungsanzeige eine Rüge des Werberates, weil es gegen den Diskriminierungskodex verstoßen hatte.
© Repro: Beschwerdeführer/Werberat

Überzogene Protestkultur?: Mehr Beschwerden über sexistische Werbung

Der Deutsche Werberat konstatiert verstärkt "überzogene Beschwerden" gegen sexistische oder diskriminierende Werbung. In einigen Fällen kommt die Einrichtung jedoch nicht an Rügen vorbei.

Der Deutsche Werberat hat eine „zum Teil weit überzogene Protestkultur“ gegen vermeintlich sexistische oder geschlechterdiskriminierende Werbung beklagt. Im ersten Halbjahr 2017 habe sich der Trend zu überzogenen Beschwerden in diesem Bereich weiter fortgesetzt, teilte das Kontrollgremium der Branche am Dienstag bei der Vorlage seiner Halbjahresbilanz in Berlin mit. Von den 150 dazu eingegangenen Meldungen hätten sich zwei Drittel als gegenstandslos erwiesen. Der Werberat ist ein von Branchenverbänden getragenes Kontrollgremium, das Grundregeln gegen unlautere und herabwürdigende Werbung durchsetzen will.

„Verfestigt hat sich hierbei der Trend der vergangenen Jahre, wonach den Werberat zu diesem Thema besonders viele überzogene Beschwerden erreichen und die Beschwerdeführer nur ihre eigenen Maßstäbe gelten lassen wollen“, erklärte die Einrichtung. Bei 67 Prozent dieser Beschwerdefälle hätten keinerlei Verstöße gegen die „weithin anerkannten Verhaltensregeln des Werberats“ vorgelegen.

Internetwerbung unter verschärfter Beobachtung

Es entstehe der Eindruck, dass derzeit vor allem Internetwerbung „organisiert unter Beobachtung gestellt“ werde, um insbesondere in der Rubrik geschlechterdiskriminierende Werbung Verfahren beim Werberat anzustrengen, teilte dessen Sprecherin Julia Busse mit. Im ersten Halbjahr stieg die Zahl der vom Werberat entschiedenen Beschwerden über Internetwerbung verglichen mit den ersten sechs Monaten 2016 demnach um 54 Prozent auf 57 Fälle. 32 Prozent hielt das Gremium nach einer Überprüfung für tatsächlich kritikwürdig.

Insgesamt entschied der Werberat im ersten Halbjahr über 241 Werbemaßnahmen, die von Bürgern kritisiert wurden (erstes Halbjahr 2016 : 223). Bei etwa einem Viertel der Beschwerden (66) stimmte das Gremium zu und intervenierte bei den Unternehmen. In fast allen Fällen folgten diese dem Einspruch. In fünf Fällen machte der Werberat mit einer Rüge öffentlich auf die „mangelnde Einsicht“ der betroffenen Firmen aufmerksam.

Rüge wegen sexistischer Werbung

Die Zeitungsanzeige der MKR Rothenbücher GmbH aus Köln wurde nach einer Meldung des Werberates von Anfang Juli gerügt, weil sie gegen den Diskriminierungskodex verstößt. Die Anzeige mit dem Werbetext „Wir nehmen auch alte Glocken“ zeigt den nackten Oberkörper einer Frau, die sich Metallglocken vor die Brüste hält. Das Unternehmen hatte dies mit dem Hinweis gerechtfertigt,, dass es als Recyclingunternehmen auch Altmetalle aufkaufe – Stichwort ‚alte Glocken‘ –, die nackte Person kein Gesicht habe, geschlechtsspezifische Merkmale verdeckt seien und sich die Bezeichnung ‚alte Glocken‘ daher nicht auf Brüste, sondern auf das Altmetall beziehe. Der Werberat akzeptierte dieses Begründung nicht. Er verwies auf die bloße Blickfangfunktion der Frau, die Doppeldeutigkeit des Wortes ‚Glocken‘, das umgangssprachlich auch eine Bezeichnung für Brüste sein kann, und beurteilte die Anzeige als abwertend insbesondere gegenüber älteren Frauen. AFP/sag

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