Late Night Show: Matussek unterliegt vor Landgericht gegen Krömer
Die ARD darf die umstrittene Krömer-Show senden, das Landgericht Hamburg sieht den "Spiegel"-Journalisten Matthias Matussek nicht in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Doch so schnell will dieser nicht aufgeben.
Die Zeit wird knapp. Am Samstag um 23 Uhr 40 soll im Ersten Kurt Krömers „Late Night Show“ laufen, doch das will Matthias Matussek noch an diesem Freitag verhindern. Der „Spiegel“-Journalist ist zu Gast in der Sendung, die Anfang Juli im Berliner Ensemble aufgezeichnet wurde. Krömer nennt Matussek darin ein „hinterfotziges Arschloch“ und einen „Puffgänger“. Für Matussek eine Beleidigung, die er nicht hinnehmen möchte.
Per einstweiliger Verfügung wollte er die Ausstrahlung vom Landgericht Hamburg untersagen lassen, das seiner Auffassung jedoch nicht folgte. Am Donnerstag hat er sich deshalb an das Oberlandesgericht (OLG) gewandt. „Provokationen mögen in derartigen ‚Shows‘ üblich sein. Dass heißt aber nicht, dass eine derartige Sendung ein rechtsfreier Raum ist, in dem das überrumpelte Opfer seine Persönlichkeitsrechte an der Garderobe abzugeben hat“, sagte Matusseks Anwalt Joachim Steinhöfel dem Tagesspiegel.
Nach Auffassung des Landgerichts ist Matussek durch Krömer nicht in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt worden. Durch seine Teilnahme habe er in die Ausstrahlung der Sendung eingewilligt. Zwar möge Matussek persönlich von „der ihm gegenüber verwendeten Ausdrucksweise überrascht“ gewesen sein, doch hätte sich Matussek als medienerfahrener Journalist über das Konzept der Sendung informieren können. Er könne sich deshalb nicht darauf zurückziehen, „überrumpelt“ worden zu sein.
Die Ausdrücke „hinterfotziges Arschloch“ und „Puffgänger“ würden „isoliert betrachtet“ möglicherweise „für das Vorliegen einer Formalbeleidigung sprechen“, doch müsse der Kontext betrachtet werden, in dem die Äußerungen gefallen seien. Kurt Krömer sei eine „Kunstfigur“, die sich „einer bewusst distanzlosen Sprache“ bediene, „um die Gäste zu provozieren“. Diese Äußerungen würden vom „durchschnittlichen Rezipienten“ nicht als Beleidigung empfunden, sondern als „drastisches Stilmittel“ und „Markenzeichen“ Krömers. Vor diesem Hintergrund seien diese Äußerungen keine Beleidigung im strafrechtlichen Sinne, so das Landgericht Hamburg in seiner Begründung, die dem Tagesspiegel vorliegt.
Diese Auffassung teilt Matusseks Anwalt nicht. „Ließe man sich diese Beleidigungen ohne Weiteres bieten, ist absehbar, dass Krömer in der nächsten ,Show‘ einen arglosen Gast als ,kinderschändenden Nazi‘ beschimpft, der Weddinger Pöbel grölt und die Intendanz des RBB klatscht Beifall zu dieser gelungenen Erfüllung des Programmauftrages.“ Nur weil Matussek die laufende Sendung nicht verlassen hat, „heißt das nicht, dass er in die Beleidigungen eingewilligt hat. Er war der Situation ausgeliefert und hat versucht, gute Miene zum bösen Spiel zu machen.“ Steinhöfel ist deshalb zuversichtlich, dass das OLG Hamburg am Freitag in Matusseks Sinn entscheidet.
Der „Spiegel“-Journalist selbst will sich nicht zu dem Rechtsstreit äußern. Krömers Anwalt Christian Schertz sagte dem Tagesspiegel: „Wir sind zufrieden, dass das Gericht mit seiner Entscheidung unserer Rechtsauffassung gefolgt ist.“
Verantwortet worden ist die Sendung vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), der deshalb auch Antragsgegner in dem Verfahren ist. Sprecher Justus Demmer teilte mit: „An der Sendung ist nichts auszusetzen. Wir gehen davon aus, dass wir sie wie geplant ausstrahlen können.“
Matthias Matussek ist übrigens nicht der einzige Gast in der Sendung. Auch Schlagersängerin Mary Roos saß auf Krömers Sofa – und lachte Tränen über die dessen Provokationen. Sie konnte auch verfolgen, dass sich Matussek dem Komiker offensichtlich nicht komplett ausgeliefert fühlte. Er schoss zurück und nannte Krömer eine „blöde Sau“.
Sonja Álvarez