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Demoskopie rules: Manipulation per Umfragen?

Das ZDF veröffentlich ein Last-Minute-Politbarometer drei Tage vor der Bundestagswahl. Die ARD hält weiter auf Distanz zum Wahltermin.

Ob es die Qual der Parteienwahl am 22. September lindern wird, kann keiner definitiv sagen. Fest steht, dass die Zahl der unentschiedenen Wähler wächst. Das ZDF reagiert darauf und wird drei Tage vor der Bundestagswahl ein „Politbarometer“ ins Programm bringen. Das ist neu, bisher gab das Zweite die Umfragewerte zehn Tage vor der Wahl bekannt. Chefredakteur Peter Frey begründete die Änderung am Montag in Berlin damit, dass der Bürger immer kurzfristiger seine Wahl-Entscheidung treffe und der Sender sein von der Forschungsgruppe Wahlen gewonnenes Wissen dem Publikum nicht vorenthalten wolle.

Anders die ARD, sie wird nach Aussage von Chefredakteur Thomas Baumann „nach gegenwärtigem Stand an ihrer in den letzten Jahren geübten Praxis, in den letzten neun Tagen vor der Wahl keine Umfragedaten zur sogenannten ‚Sonntagsfrage’ zu veröffentlichen, festhalten.“ Dafür spreche eine ganze Reihe von Gründen. „Je näher man mit Umfragedaten an den Wahltermin heranrückt“, sagt Baumann, „desto stärker läuft man Gefahr, dass diese demoskopische Momentaufnahme als Prognose auf den Wahlausgang missdeutet wird.“ Gerade in der letzten Woche vor der Wahl seien im Meinungsbild der Bevölkerung häufig enorme Schwankungsbreiten festzustellen. Für Baumann ist die von manchen gehegte Hoffnung, mit kurz vor der Wahl publizierten Daten zur Sonntagsfrage dem tatsächlichen Wahlergebnis näherzukommen, „nicht begründet“. Zudem könnten kurz vor dem Wahltermin publizierte Daten zur „Sonntagsfrage“ eine unbeabsichtigte manipulative Wirkung entfalten – etwa kurz vor dem Wahltag den Eindruck erwecken, die Wahl sei bereits gelaufen – und damit eine Demobilisierung der Wahlberechtigten provozieren.

Nun ist das „Politbarometer“ nur ein Baustein im Wahl-TV des ZDF. Neben der regulären Berichterstattung will das ZDF bis zum 22. September 23 Stunden zum Ereignis füllen. Natürlich gibt es Klassiker wie die „Berliner Runde vor der Wahl“ am 19. September, an der die Spitzenkandidaten der Opposition im Bundestag, nicht aber Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) – für sie kommt Arbeitsministerin Ursula von der Leyen – und auch nicht SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück (statt dessen SPD-Chef Sigmar Gabriel) teilnehmen werden. Dass das ZDF auch bei seinen bewährten Wahlformaten neues Interesse, neue Spannung erzeugen will, zeigt sich bei „illner intensiv“. Jede der fünf 30-minütigen Talks vom 27. August an wird mit dem Auftritt eines Satirikers wie Hajo Haist alias Gernot Hassknecht eingeleitet. Wer sich am 22. September nach Wahl und Wahldeutung auf eine „heute show spezial“ gefreut hat, der muss sich nicht länger freuen: Der angekündigte Kommentar zum Wahlgeschehen fällt aus. Chefredakteur Frey sagte, „wir wollen uns auf die politische Berichterstattung konzentrieren und keine Mischung der Formate“. Heißt: Jeder aus dem großen ZDF-Team soll wissen, für welche Sendung er arbeitet, jeder Politiker soll wissen, dass er nicht Opfer der „heute show“ wird.

Im Vorlauf zum Wahlabend ist das Zweite sehr darauf bedacht, die Realität des Wählers mit den Wahlversprechen und Parteiprogrammen abzugleichen. Bei der „Debatte“, live aus Berlin am 15. August und 22. September, wird Moderator Theo Koll den Diskutanten zunächst eine bestimmte Redezeit zugestehen, um, wie in der ersten Ausgabe, ihre Positionen zum Thema „Die Alten verspielen die Zukunft der Jungen“ darzulegen. Dann können die Zuschauer Fragen stellen sowie vor und nach der Debatte über die Positionen abstimmen.

Marietta Slomka fragt am 3. und 4. September: „Wie geht’s Deutschland?“ In der ersten Hälfte der jeweils 90 Minuten fährt die „heute journal“-Moderatorin durch Deutschland und fragt vor allem Mitglieder der Mittelklasse nach ihrer Situation, „Menschen, denen es gut geht, die aber auch mit Sorge in die Zukunft blicken“. Danach konfrontieren Slomka und „Morgenmagazin“-Mann Mitri Sirin Spitzenpolitiker mit Aufnahmen und Aussagen. Auch hier gibt es Zuschauervotings.

Wer sich fragt, wozu das alles, für den empfiehlt sich das „log in zur Bundestagswahl“ am 20. September im ZDF . Thema: „Ist Nichtwählen die Alternative“?

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