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Rein und raus, das kann es nicht gewesen sein. Ann-Marlene Henning demonstriert mit dem Modellpaar Federica und David in der Aufklärungsreihe "Make Love" von MDR und SWR, wie man besseren Sex haben kann.
© MDR

Schöner vögeln mit dem MDR: Make Love - Not Volksmusik II

Die Aufklärungsreihe von MDR und SWR war schon in der ersten Staffel 2013 ein großer Publikumserfolg. Jetzt geht "Make Love" in die Fortsetzung

Zuweilen erinnert der Mitteldeutsche Rundfunk an die Vereinigten Staaten von Amerika. Nicht von der Größe her, vielmehr, weil im MDR-Land ein Achim Mentzel populär werden konnte und im Ami-Land eine Miley Cyrus. Mentzel („Hier fliegt heut die Kuh“) betrieb auch nach der Wende „Achims Hitparade“ für die Fernsehzuschauer in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Das brachte dem MDR den Ruf eines Schunkel-Schlager-Senders ein. Das ist etwas her, aber so ein Ruf hält sich noch länger als Wofasept im Linoleumboden. Der MDR also tat, was Miley Cyrus tat. Die war in der Disney-Fernsehwelt ein bisschen frecher Teenager, ein bisschen Sängerin, auf jeden Fall war sie die beste Freundin der jungen Zuschauerinnen. MDR und Miley Cyrus, sie wollten beide mit der Vergangenheit brechen. Sie rissen sich die Kleider vom Leib. Miley C. ist seitdem vor allem nackig unterwegs, spätestens, als sie sich eine Eisenkette zwischen die entblößten Schenkel klemmte und dergestalt die Eisenkugel ritt, war aus MC ein verruchtes Geschöpf geworden. Beim MDR hieß die Selbstbefreiungsaktion „Make Love“. Eine fünfteilige Reihe, die sehr frisch, hinreichend überlegt und tatsächlich unverklemmt Mann und Frau zu neuen sexuellen Höhepunkten führen wollte. Die fünf Filme der gebrüder beetz filmproduktion kamen als eine Art Bedienungs- und Bastelanleitung daher. Es gibt immer was zu tun, doch sexuelle Erfüllung gibt es weder im Baumarkt noch als Turnübung. Was wirklich zu tun ist, das weiß Ann-Marlene Henning, wie, das weiß die Neuropsychologin, Paartherapeutin und Bestsellerautorin auch. Die Dänin führt erneut durch die drei neuen Folgen. Sie besitzt genug Fein- und Fingerspitzengefühl, dass sich sie jeweiligen Paare und Protagonisten ihr und dem Publikum „offenbaren“; auch in der Fortsetzung wird nicht gesabbert, es wird gesprochen, erst tastend, dann freier. Analog zur ersten Staffel gibt es neben den Gesprächen Experten-Statements, Projektionen, Statistiken – Wussten Sie, dass Menschen zwischen 56 und 65 sexuell aktiver sind als jene zwischen 18 und 25? – und Szenen mit einem „realen Modellpaar“ (MDR-Sprech). Federica und David führen Stellungen vor, in der ersten Folge für „Sex ab 40“. Wenn es gilt, Lust neu zu lernen oder umzulernen. Was da wie gezeigt wird, hat nix vom Super-Uschi-Super-Muschi-Super-Suhsi-Stil.

Silke, 50, und Andreas, 47, zentral in der Auftaktfolge, haben sich in der Phase der Wechseljahre ineinander verliebt. Da treffen gelebte Leben – Silke ist Mutter von drei Kindern – aufeinander. Gemeinsame Zukunft soll sein, dito gemeinsame, erfüllende Sexualität. Ein Fall für Ann-Marlene Henning: ihre Vertrauen ausstrahlende Persönlichkeit, ihre unaufdringliche Kompetenz arrondiert Nähe ohne Aufdringlichkeit, Mehrwert ohne Preisetikett. Wer darf sonst auf Hilfe und Aufklärung hoffen? In den Folgen zwei und drei geht es um „Sex statt Porno“ und „Wenn der Mann keine Lust hat“. Das seien Themen, sagt Henning, „über die die Menschen am wenigsten sprechen wollen und die sie am meisten interessieren“. Im Mittelpunkt immer ein Paar, darum herumgruppiert Hamburger Feuerwehrmänner, Landfrauen aus Schleswig-Holstein, Kunden beim Friseur. Die Bandbreite der Protagonisten quer durch deutsche Lande zeigt, dass der MDR nicht alleine ist – der Südwestrundfunk ist Partner der Produktion. Und es zeigt sich, dass hier weit mehr als nur Mitteldeutschland erregt werden soll, „Make Love – Not Volksmusik I“ tourte quer durch die ARD-Dritten, „Make Love – Not Volksmusik II“ soll es der Premiere gleichtun. Das Onlineangebot zur Fortsetzung bauen SWR und MDR aus. Dessen Unterhaltungschef Peter Dreckmann wusste beim Pressegespräch von durchweg positiven Reaktionen auf die 2013 ausgestrahlte, erste Staffel zu berichten – selbst bei den Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Sender. „Auch Rundfunkräte haben Sex“, sagte Dreckmann. Schöner vögeln mit dem MDR, hier wird’s Programm und gelebte Praxis. Überraschend freilich die Ankündigung, dass die zweite Staffel nur drei Teile haben wird. Dreckmann murmelte was von „finanziellen Gründen“. Merkwürdig – und schade. Das MDR-Fernsehen startet „Make Love“ am 16. November, der SWR am 26. November. Eine Frage bleibt unbeantwortet: Was macht eigentlich Achim Mentzel?

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