Zeitschriften: Land, Lust und Läufer
Sie bleiben Himmelsstürmer: Wie sich Spezialzeitschriften in der Wirtschaftskrise behaupten. Sie schreiben weiter schwarze Zahlen.
Wo der Himmel auf Erden liegt, können die Macher der „Landlust“ verraten: im Garten, die Blüten des Vergissmeinnicht tauchen Beete in ein blaues Farbenmeer, schwärmen sie im aktuellen Heft. Mit solchen Texten über ländliches Wohnen und Leben ist das Magazin seit seiner Gründung 2005 selbst zum Himmelsstürmer im Zeitschriftenmarkt geworden – und das in der aktuellen Wirtschaftskrise, die für viele Verlage einen erheblichen Einbruch bei den Anzeigenerlösen mit sich bringt. Da meldet „Landlust“: „Uns geht’s sehr gut“. 2009 erwartet Ulrich Toholt vom Landwirtschaftsverlag aus Münster für das Blatt einen Zuwachs der Anzeigenerlöse von 70 Prozent, nachdem diese im vergangenen Jahr eine Million Euro betragen hatten und die Zeitschrift seither schwarze Zahlen schreibt. Um 70 Prozent steigerte die „Landlust“ ihre verkaufte Auflage. Bei 447 000 Exemplaren lag sie im vierten Quartal 2008, was mehr als 185 000 Exemplare Zuwachs im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht.
Wie sehr das Blatt gegen den Trend marschiert, zeigen Zahlen von Nielsen Media Research aus dem Januar. Demnach verzeichnen Publikumszeitschriften bei 273 Millionen Euro Bruttoumsatz ein Minus von zwölf Prozent im Vergleich zum Januar 2008, bei den Fachzeitschriften sind es etwa zehn Prozent. Beispiele wie „Landlust“ beweisen jedoch, dass es trotz der Wirtschaftskrise Gewinner im Zeitschriftensegment gibt. Viele davon sind sogenannte Special-Interest-Magazine oder Blätter, die wie „Landlust“ eine Nische besetzen. Auch „Neon“ aus dem Hamburger Verlag Gruner + Jahr (G+J) hat sich in seiner Zielgruppe fest etabliert. Das Magazin begeistert Leser zwischen 20 und 30 mit überraschenden und ungewöhnlichen Themen, aktuell geht es darum, warum sich viele Menschen mit einem langweiligen Sexleben abfinden, wie man gleichzeitig zielstrebig und nett sein kann und wie sich Menschen fühlen, die getötet haben. Etwa 213 087 Exemplare, rund 3,7 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraun, verkaufte das Magazin im vierten Quartal 2008. Auch bei den Anzeigenverkäufen behauptet sich das Blatt „unter den aktuellen Umständen“ gut, sagt G+J-Sprecher Alexander Adler und sieht darin ein gutes Zeichen für den Start der „Neon“-Weiterentwicklung „Nido“. Das Magazin, das sich an Eltern um die 30 richtet, soll am 17. April trotz der aktuell schwierigen Lage an den Kiosk kommen. „Diese Magazine halten sich einigermaßen stabil, weil sie sich an eine bestimmte Klientel und an bestimmte Anzeigenkunden richten und somit nicht so anfällig für die aktuellen Erschütterungen im Markt sind“, sagt Adler.
Der Burda Verlag verweist dagegen auf seine starken Marken, die sich einigermaßen stabil bei Anzeigenkunden halten. Dazu würden „Bunte“, „Freundin“, „Instyle“ und „Guter Rat“ gehören, besonders aber „Focus Money“ und „Focus Schule“. „Unternehmen wollen auch in schwierigen Zeiten bei den starken Marken weiterhin vertreten sein“, sagt Sprecher Nikolaus von der Decken, ohne konkreten Zahlen zu den Erlösen zu nennen.
Etwas krisenresistenter gibt sich auch die Motor-Presse Stuttgart mit ihren über 150 Spezialzeitschriften, darunter der Klassiker „Auto, Motor und Sport“ oder „Men’s Health“. Selbst wenn sich die Auflagen der Motorzeitschriften wie die der Zeitschriften allgemein leicht rückläufig entwickelt haben – nach wie vor sei der Bereich Sport und Freizeit sehr stabil, sagt Geschäftsführer Friedrich Wehrle. „Dieses Themenfeld zeigt sich sowohl auf dem Vertriebs- als auch auf dem Anzeigenmarkt bislang weitgehend krisenresistent, weil diese Entwicklung auf einem gesellschaftlichen Trend basiert, der von kurzfristigen konjunkturellen Einflüssen relativ unbeeinflusst bleibt.“
Dank Gesundheits- und Fitnessbewusstsein, Reportagen und Läufer-Service also habe zum Beispiel das Magazin „Runner’s World“ mit 57 722 verkauften Exemplaren im allgemein schlechten vierten Quartal erneut seine Auflage steigern können, so Wehrle, das fünfte Quartal in Folge. Andere Titel wie „Mountain Bike (64 148 verkaufte Exemplare) liegen seit längerem stabil im Vertriebsmarkt, ebenso wie „Outdoor“ (31 677) und „Klettern“ (15 113), die im vierten Quartal 2008 jeweils zulegen konnten. Mit Prognosen für das laufende Jahr tue man sich allerdings schwer. Viele Werbeinvestitionen seien noch nicht endgültig geplant oder nicht freigegeben, sagt Wehrle. „So viel Unsicherheit war noch nie.“
Das ist für die Verlage, die Publikums- und Spezialzeitschriften zwar alles noch nicht der Himmel auf Erden. Aber immerhin, auch die Bundesregierung hat in der Krise schon etwas für den Markt getan. Da mit der Abwrackprämie auch der Autoverkauf langsam wieder zulegt, dürfte sich das Flaggschiff der Motor-Presse, die Zeitschrift „Auto, Motor und Sport“, weiter stabilisieren.
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