TV-Auszeichnung beerdigt: Kurios: Fernsehen hat Angst vor Fernsehen
Der Deutsche Fernsehpreis mit Fernsehgala ist tot. Die Zukunft des Preises heißt Branchentreff ohne TV-Übertragung
Gibt's auch nicht alle Tage. Das Fernsehen hat Angst vor dem Fernsehen. Also wird der Deutsche Fernsehpreis beerdigt. Eine Preisvergabe im Rahmen einer TV-Gala wird es nicht mehr geben. Statt dessen sollen ab 2016 "die besten und erfolgreichsten Produktionen eines Fernsehjahres bei einem Branchentreff gewürdigt werden, der nicht im Fernsehen übertragen wird", heißt es in einer Mitteilung der Preisstifter. Die Preisstifter, das sind Thomas Bellut (ZDF), Tom Buhrow (WDR), Frank Hoffmann (RTL) und Nicolas Paalzow (Sat 1). Das Quartett hatte sich am Donnerstag in Köln und sich zu der genannten Entscheidung durchgerungen. Vorher gab es eine Abstimmung: Die beiden Vertreter der öffentlich-rechtlichen Sender waren für die Fortführung einer jährlichen, im Fernsehen übertragenen Preisgala, die Chefs von RTL und Sat 1 waren dagegen. Damit der Deutsche Fernsehpreis erst einmal mausetot, ehe in einer zweiten, einvernehmlichen Grunsatzsentscheidung der neue Rahmen eines Branchentreffs mit inkludierter Preisvergabe gesetzt wurde.
Der Deutsche Fernsehpreis sucht seine Fortsetzung ohne Fernsehübertragung. Das muss kurios erscheinen, ist aber ein ehrlicher Reflex auf den Wettbewerb in seiner bisherigen Form. 16 Mal ausgetragen, wurde an den Kategorien so lange und so intensiv herumgeschraubt, auf dass die TV-Tauglichkeit des Preises erhöht würde. Unterm Strich: Nur Kategorien blieben übrig, die sich mit einem bekannten Fernsehgesicht kombinieren ließen. All das, was Fernsehen auch ausmacht und wertvoll mach t- beispielsweise Schnitt, Licht, Musik, die Gewerke -, wurde wegtoleriert. Alles, um die Preisgala in einen TV-Event aufzuhübschen. Das ging gründlich schief. Zur allgemeinen Überraschung stellte sich gar das seltene Phänomen ein, dass Kritiker und Publikum sich unterhakten und die Gala auf Seiten der Kritiker abbügelten und auf Seiten der Zuschauer ignorierten. Das Fernsehen hatte bei der Würdigung des eigenen Tuns auf ganzer Linie versagt.
Jedes Jahr kostete der Fernsehpreis zwei Millionen Euro
Der Deutsche Fernsehpreis, der von Jahr zu Jahr von einem der vier Sender ausgerichtet wurde, war eine kostspielige Angelegenheit. Zwei Millionen Euro waren jährlich aufgerufen. Das wurde Sat1 und RTL zu viel. Hoffmann und Paalzow also kalkulierten: Der Löwenanteil der Preis ging immer an die öffentlich-rechtliche Konkurrenz. Ärger Nummer eins. Ärger Nummer zwei: Der Wettbewerb ist teuer. Ärger Nummer drei: Die TV-Galas holten immer weniger Quote, damit war die Refinanzierung für die kommerziellen Sender via Werbung perdu. Keine Preise, keine Zuschauer, keine Werbung - da zogen die Verantwortlichen von Sat 1und RTL den Stecker.
Nach dem Fernsehpreis 2015 war noch eine andere Reform angestrebt worden. Produzenten sollten Vorschläge für eine neue Form einer Fernsehpreisgala einreichen. Das taten sie, die Stifter beugten sich drüber und schmissen die Konzepte in den Papierkorb. Natürlich nicht, ohne die Produzenten "ausdrücklich für die zahlreichen Innovationen zu loben".
Klar ist, dass die Privatsender an die Reformfähigkeit des Fernsehpreises glaubten, an eine wie auch immer ausgestaltete Innovation der bisherigen Form. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, so ging die Denke. Und der neue Preis will sorgfältig konfektioniert sein. Also wird 2015 als preiswürdiges Fernsehjahr wohl ausfallen, 2016 will die deutsche Fernsehbranche wieder über sich selber freuen. In einem Branchentreff ohne Fernsehübertragung. Nur eine Bankrotterklärung? Nicht nur. Die neue Richtung nimmt der Auszeichnung den Druck, unbedingt TV- und quotentauglich sein zu müssen. Damit kann das Fernsehen sich wieder auf sich und seine Mitwirkenden besinnen. Wer sich mal die Abspänne von Fernsehproduktionen anschaut, der weiß, wie viel Einsatz, wie viel Kreativität, wie viele Köpfe und Hände zum Gelingen beitragen. Der neue Deutsche Fernsehpreis kann etwas werden, was der alte lange nicht mehr sein wollte: gerecht.
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