zum Hauptinhalt
Sven Gösmann ist Chefredakteur der Deutschen Presse-Agentur dpa.
© Bretz

Zu meinem ÄRGER: Keine Bühne für Antisemiten

Den Opfern des Antisemitismus eine Stimme geben, das ist für dpa-Chefredakteur Sven Gösmann der richtige Umgang gegen stumpfe Parolen und Israel-Hass.

Herr Gösmann, worüber haben Sie sich in dieser Woche in den Medien am meisten geärgert?

Die Berichterstattung über die Flaggenverbrennungen bei den Anti-Israel-Demos in Berlin und anderswo bringt uns als dpa wie alle Medien in eine ethische Zwickmühle. Einerseits die professionelle Seite, natürlich in Wort und Bild ausführlich berichten zu wollen und zu müssen. Andererseits die emotionale und auch politische Seite: damit zwangsläufig Antisemiten auch eine Bühne zu bieten, was in diesem Fall besonders schmerzt. Immerhin haben viele Medien sich nicht damit begnügt, die Bilder und stumpfen Parolen der Antisemiten und Israel-Hasser zu verbreiten, sondern sie haben das Ganze eingeordnet und in einen Rahmen gesetzt, in dem sie den Opfern des Antisemitismus eine Stimme gegeben haben. Dass Juden in Deutschen nicht mehr ungefährdet Kippa tragen oder Chanukka-Leuchter entzünden können, ist ein Skandal.

Gab es auch etwas, worüber Sie sich gefreut haben?

Deutschland hat auch kluge Medienmanager wie den stellvertretenden Springer-Chef Jan Bayer: Er fordert nicht nur den radikalen Umbau des klassischen Mediengeschäfts, sondern lebt ihn auch vor. Ein sehr lesenswertes Interview mit ihm gab es in „Horizont“.

Welche Webseite empfehlen Sie?

Qualitäts-Berichterstattung kostet die Medien viel Geld. Nachrichtennutzer sind im Internet eine attraktive Zielgruppe, weil sie einen Beitrag dazu leisten, Werbeumsätze zu erhöhen. Davon profitieren aber nur einige Unternehmen, nicht zuletzt soziale Netzwerke und Suchmaschinen. Neun europäische Nachrichtenagenturen verlangen in einem Brief von großen Internet-Unternehmen wie Facebook und Google eine Anerkennung ihrer Rechte als Nachrichtenlieferanten. Zu den Unterzeichnern gehört auch die Deutsche Presse-Agentur. Den Brief gibt es hier: www.dpa.com/de/unternehmen/erklaerung/

Sven Gösmann ist Chefredakteur der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Zur Startseite