zum Hauptinhalt
Ausgestanden. RBB-Intendantin Dagmar Reim sieht die internen Mechanismen beim öffentlich-rechtlichen Sender als intakt.
© rbb/Thomas Ernst

RBB-Kontroverse: Kein Watergate an der Havel

Der Rundfunkrat des RBB wertet den Streit um einen TV-Beitrag als Petitesse. Der Anruf des Sprechers von Ministerpräsident Matthias Platzeck sei nicht als versuchte Einflussnahme zu werten.

Im Streit um einen RBB-Beitrag zur gescheiterten Eröffnung des neuen Berlin-Brandenburger Flughafens mit Regierungschef Matthias Platzeck und dem anschließenden Vorwurf politischer Einflussnahme durch seinen Sprecher Thomas Braune haben Intendantin Dagmar Reim und Chefredakteur Christoph Singelnstein am Donnerstag dem Rundfunkrat des öffentlich-rechtlichen Senders Rede und Antwort gestanden. Anders als bei einer Veranstaltung vor rund 400 der 3000 Mitarbeiter des RBB vor mehreren Wochen, ging es dieses Mal zudem um die Frage, warum weder Intendantin noch Chefredakteur dem Gremium bei einer Sitzung des Rundfunkrates im November 2012 von dem Vorfall berichtet hatten.

In dem TV-Beitrag hatte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) ungehalten auf eine Reporterfrage reagiert. Nach einem Anruf von Braune zuerst in der Redaktion und später bei Singelnstein wurde der Beitrag, der zunächst in der Sendung „rbb um sechs“ gesendet worden war, für die folgende Nachrichtensendung „Brandenburg aktuell“ geändert. Dabei wurde eine vier Sekunden lange Passage entfernt, in der Platzeck sagte: „Über den Flughafen ist in den letzten zehn Tagen genug gesagt worden. Das reicht.“

Vor den Mitgliedern des Rundfunkrates wiederholte Singelnstein seine Aussagen, er habe den Beitrag weder verhindern noch zensieren wollen. „Mir ging es lediglich um den Eindruck, den ich damals von der Art und Weise hatte, wie wir das Bildmaterial und den O-Ton beschafft haben.“ Damals sei er der Meinung gewesen, dass Bilder, die so gedreht wurden, nicht verwendet werden sollten, wenn sie journalistisch nicht geboten seien. Nach kontroversen Diskussionen mit dem Redakteursausschuss des Sender sei er später zu dem Schluss gekommen, dass er eine solche Entscheidung so nicht wieder treffen würde, unter anderem weil ein Ministerpräsident jederzeit und zu jedem Thema ansprechbar sein muss. Auch Bilder eines ungehaltenen Regierungschefs seien zudem Informationen.

Intendantin Reim unterstrich vor dem Kontrollgremium erneut, dass der brandenburgische Regierungssprecher weder den Schnitt verlangt noch dass Singelnstein diesen zugesagt habe. Somit habe es auch keine Einflussnahme gegeben, nicht einmal den Versuch dazu. Dass danach in der Redaktion und im Redakteursausschuss eine lebhafte und strittige Diskussion einsetzte, die einvernehmlich beigelegt wurde, zeige vielmehr, dass die senderinternen Mechanismen funktionierten. So sei der Ausschuss gestärkt aus der Diskussion herausgegangen. Reim habe dem Rundfunkrat bei der Diskussion über die Unabhängigkeit des RBB im vergangenen November nicht von dem Vorfall berichtet, weil weder sie noch Chefredakteur Singelnstein den Vorgang als politische Einflussnahme angesehen hätten.

"Wir sind nicht die Besserwisser vom Dienst"

Sie betonte erneut betonte, dass es keinen Zweifel an der politischen Unabhängigkeit des Senders gebe. Jedermann habe das Recht, sich beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu beschweren. Entscheidend sei, wie darauf reagiert werde. „Wir sind nicht die Höfsänger der Macht. Aber auch nicht die Besserwisser vom Dienst“, sagte Reim.

Von den Mitgliedern des Rundfunkrates wurde die entfernte Sequenz aus dem RBB-Beitrag überwiegend als Petitesse empfunden. „Der Nachrichtenwert der Passage war marginal, ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Das war kein Watergate an der Havel“, sagte hingegen Dieter Piekny vom DGB. Alice Ströver von der Grünen-Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses warf allerdings die Frage auf, warum sich Singelnstein nicht schützend vor seinen Mitarbeiter gestellt hat. Zudem wollte sie wissen, ob es ansonsten Versuche zur politischen Einflussnahme gegeben habe. Christian Goiny als Vertreter der Berliner CDU wies darauf hin, dass die Debatte um den RBB-Beitrag nicht der Schlusspunkt sein dürfe, sondern der Auftakt zu einer kritischen Diskussion über journalistische Grundsätze werden müsse.

Politisch ist die Affäre um Braunes Intervention beim RBB inzwischen beendet. Mitte März hatten sich im Brandenburger Landtag zunächst der Hauptausschuss und später auch das Plenum mit dem von der Opposition kritisierten Versuch der politischen Einflussnahme beschäftigt. Ein von CDU, FDP und Grünen gestellter Antrag auf Abberufung des Regierungssprechers scheiterte nach heftiger Debatte jedoch an der rot-roten Mehrheit im Landtag. Regierungschef Matthias Platzeck hatte Braunes Anruf als Überreaktion kritisiert. „Ich persönlich hätte mich nicht beschwert.“ Im Rundfunkrat erwiderte Barbara Richtstein von der CDU in Brandenburg darauf: „Und was wäre gewesen, wenn sich anders als in diesem Fall Ministerpräsident Platzeck wirklich aufgeregt hätte?“ Die Politikerin erinnerte daran, dass sich Braune nicht nur bei Singelnstein beschwert hatte, sondern zuvor auch beim Redakteur.

Zur Startseite