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Goebbels
© ddp

Porträt: Joseph Goebbels im Experiment

Goebbels verstand es wie kaum ein zweiter, mithilfe der Medien ein Image zu erzeugen. Lutz Hachmeister und Michael Kloft gehen diesem Phänomen in ihrem Film auf beeindruckende Weise nach.

Eine Gratwanderung, keine Frage. Aber endlich mal ein Film, der einem nicht das Denken abnimmt, der keine Meinung vorkaut, der einen schutzlos konfrontiert mit einem manischen Menschen. „Das Goebbels-Experiment“ nennen Lutz Hachmeister (Buch, Regie) und Michael Kloft (Buch, Recherche) ihren Film über Joseph Goebbels. Ein Experiment ist es fürwahr: Kein Kommentar stellt historische Zusammenhänge her, kein Sprecher sorgt für Distanz zu den Ungeheuerlichkeiten, die der Reichspropagandaminister mit zu verantworten hatte. Dieses Wissen setzen die Autoren voraus. Ihr Porträt bietet Goebbels pur in Wort und Bild. Zu hören sind Texte, die überwiegend aus Goebbels’ Tagebüchern stammen, zu sehen sind zeitgenössische Aufnahmen. Udo Samel verzichtet in seinem zwar nicht tonlos, aber emotionslos vorgetragenen Text darauf, Dialekt und Sprachduktus zu kopieren, doch lässt er eine kaum merkliche stimmliche Annäherung einfließen. Joseph Goebbels in allen Facetten: sachlich-nüchtern, deprimiert, euphorisch.

Natürlich durfte man erwarten, dass das „Goebbels-Experiment“ inhaltlich allen Anforderungen gerecht werden würde. Schließlich wussten beide, Hachmeister wie Kloft, ganz genau, was sie da tun. Michael Kloft hat sich durch historische Dokumentationen für „Spiegel TV“ einen erstklassigen Ruf erworben. Lutz Hachmeister beschäftigt sich seit Jahren in diversen Büchern und Filmen mit der Materie, für sein Porträt „Schleyer. Eine deutsche Geschichte“ erhielt er einen Grimme-Preis mit Gold.

Der Filmtitel bezieht sich übrigens nicht auf die Machart, sondern auf das Phänomen Goebbels selbst, denn der im Volksmund gern als „Reichslügenbold“ geschmähte Minister hat wie kein anderer vor ihm (und nur wenige nach ihm) mithilfe der Medien ein Image erzeugt. Im englischen Sprachraum heißt der Film daher „Inventing Dr. Goebbels“, „Dr. Goebbels erfinden“; das trifft es fast noch besser.

„Das Goebbels-Experiment“, ZDF, um 22 Uhr 45

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