Illegal, der Liebe wegen: Johannes Nabers kleines Meisterwerk „Der Albaner“
Der ARD-Film "Der Albaner" erzählt eine bewegende menschliche Tragödie über einen Illegalen in Berlin, der nach Deutschland kam, um Geld für die Hochzeit in seinem Heimatland zu verdienen.
Das ferne, fremde Albanien ist selten in den Schlagzeilen, was vielleicht ein gutes Zeichen ist. Die Isolation unter dem stalinistischen Regime von Enver Hoxha ist längst überwunden, Albanien ist Nato-Mitglied und hat einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft gestellt. Doch vorerst geht hier ohne (teures) Visum nichts für die Menschen, die im eigenen Land keine Arbeit finden oder sich zu den eigenen Einkünften im Ausland ein Zubrot verdienen wollen. Oder müssen.
Auch der mit dem Max-Ophüls-Preis ausgezeichnete Film „Der Albaner“ des deutschen Regisseurs Johannes Naber beginnt an der Grenze. Arben (stark: Nik Xhelilaj) und sein Vater kehren aus Griechenland zurück, wo sie eine Weile Arbeit hatten. Die Familie lebt auf einem Hof in den Bergen. In der Nachbarschaft lebt Etleva (Xhejlane Terbunja), mit der Arben heimliche Küsse tauscht. Eine verbotene Liebe mit Folgen: Etleva ist einem reichen Onkel versprochen, erwartet aber von Arben ein Kind. Die Familienoberhäupter treffen sich zur Krisensitzung, Etlevas Ehre und die ihrer Familie muss gerettet werden. Aber eine Hochzeit vor der Geburt kostet Geld. Und das muss Arben schnell beschaffen. In Deutschland.
Der 1971 geborene Naber hat Dokumentarfilm studiert. Man spürt diese Handschrift, ohne dass das dramatische Potenzial vernachlässigt würde. Eine ruhige Kamera fängt dieses fremde Land in warmen Farben ein. Die Schauspieler sind in ihrer Muttersprache zu hören (mit Untertiteln), was den Eindruck der Realitätsnähe verstärkt.
Differenziert und klug wird das „unsichtbare“ Leben eines Illegalen in Berlin erzählt, die Suche nach einem Unterschlupf, das möglichst unauffällige Verhalten auf der Straße, die schwierige Arbeitssuche. Obwohl Arben beinahe zwangsläufig in ein kriminelles Milieu gerät, hat dieser Film so gar nichts von der üblichen Fernseh(krimi)-Erzählweise. Nicht nur, weil weder Polizei noch Ausländerbehörden in Erscheinung treten. Es schwingt auch kein belehrender Unterton mit, nüchtern wird Arbens Überlebenskampf erzählt. Deutschland von unten, mit den Augen eines Fremden betrachtet. Schutthalden vor Glaspalästen, Schlafstellen in Ruinen, Arbeit für einen Hungerlohn auf dem Bau.
Am Ende kehrt der Film in einem konsequenten Bogen nach Albanien zurück. Naber erzählt hier in einem kleinen Meisterwerk eine bewegende menschliche Tragödie. Thomas Gehringer
„Der Albaner“, 22 Uhr 45, ARD
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