zum Hauptinhalt
Das Copyright soll den Urheber vor der unrechtmäßigen Verwendung und Verwertung seines geistigen Eigentums schützen.
© dpa/Armin Weigel

EU-Parlament diskutiert Copyright-Reform: It’s the money, stupid!

Die EU will die Rechte der Urheber geistigen Eigentums gegenüber den Internetprofiteuren von Google & Co. stärken. Daran gibt es heftige Kritik.

Die Pläne für eine EU-weite Copyright-Reform mobilisieren Befürworter wie Kritiker. Im Wesentlichen geht es darum, die Rechte von Zeitungsverlagen und anderen Urhebern gegenüber digitalen Plattformen zu stärken. Doch Gegner behaupten, Brüssel plane eine Steuer auf „Links“ im Netz und Zensur im Netz.

Eigentlich hatte sich der Rechtsausschuss des Europa-Parlaments bereits auf eine Position für die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten geeinigt. Doch an diesem Donnerstag wird nun darüber abgestimmt, ob die Verhandlungen tatsächlich beginnen können oder ob das Parlament seine Position noch einmal verändern muss.

Wer soll für die Copyright-Nutzung künftig zahlen?
Digitale Plattformen und Suchmaschinenbetreiber sollen zahlen, wenn sie Artikel oder Auszüge aus Zeitungsartikeln auf ihre Seiten stellen. Es geht um Unternehmen, deren Geschäftsmodell es ist, über ihre Seiten Zugang zu Zeitungsartikeln Dritter oder Auszüge daraus zu gewähren und über das Schalten von Werbung auf ihren Seiten Einnahmen zu erzielen. Die Pläne der Kommission und des Verhandlungsführers zum Thema, Axel Voss (CDU), sehen vor, dass sich die Betreiber der Suchmaschinen vor der Nutzung der journalistischen Inhalte die Genehmigung einholen und für das Nutzungsrecht bezahlen müssen. Es geht um die Stärkung des Rechts am geistigen Eigentum. Der Plan dafür wird auch Leistungsschutz- oder Verlegerrecht genannt.

Wie soll das praktisch funktionieren?

Noch in seiner damaligen Funktion als Digitalkommissar hatte Günther Oettinger (CDU) vorgeschlagen, dass für eine Dauer von 20 Jahren nach der Erstveröffentlichung eines Artikels das Verwertungsrecht bei Verlegern und Autoren liegt. Gedacht ist daran, dass die Verlage sich zusammenschließen, um eine starke Position aufzubauen in Verhandlungen mit Google und anderen Betreibern von Suchmaschinen und für eine angemessene Nutzungsgebühr einzutreten. Der Verhandlungsführer im Parlament macht sich dafür stark, dass nicht nur die Verlage, sondern auch die Autoren an den Erlösen beteiligt werden. Er schlägt ein Verwertungsrecht von fünf Jahren vor.

Was wollen die Kritiker des Verlegerrechts?
Die Piraten-Politikerin Julia Reda führt die Kritiker an. Sie spricht ungeachtet aller Richtigstellungen bis heute von einer drohenden Verlinkungssteuer. Sie setzt statt einem umfassenden Urheberschutz darauf, Verlagen dabei zu helfen, schneller Lizenzen mit Suchmaschinen abzuschließen. Dafür ist eine „Vermutungsregel“ im Gespräch, nach der das Copyright in der Regel bei den Verlagen liegt. Das generelle Verwertungsrecht für Werke von Autoren im Internet wollen Reda und andere aber nicht den Verlagen zusprechen. Voss kontert: „Ein Anspruch auf Vergütung auf der Basis einer Vermutung kann leicht bestritten werden. Das ist nicht das starke Signal beim Copyright, das wir brauchen."

Freie Presse existenziell bedroht

Warum soll die Rechtsposition der Verlage gegenüber Google und anderen digitalen Plattformen gestärkt werden?

Die EU-Kommission und Voss sehen die freie Presse in Europa durch die digitalen Umwälzungen und die Geschäftsmodelle von Suchmaschinenbetreibern existenziell bedroht. Die zunehmende Macht von Google, Facebook und Twitter gegenüber Verlagen und Nachrichtenagenturen habe schon zu einem beängstigenden Verlust der Medienvielfalt in der EU geführt. Voss geht es auch um die Sicherung journalistischer Standards und Qualität: „Europa ist bedroht durch immer mehr Falschinformationen, die in der digitalen Welt verbreitet werden.“

Droht Zensur im Internet?

Immer wieder heißt es, Brüssel plane eine Zensurmaschine im Netz. Die Kritiker der Pläne argumentieren: Sogenannte Upload-Filter könnten dafür sorgen, dass künftig beliebten Diensten im Netz die Arbeitsgrundlage genommen werde wie Wikipedia, Dating- und Plattformen zum Austausch von Softwareprogrammen. Von einer Zensur des Internets will Voss nichts wissen. „Der Vorwurf ist maßlos übertrieben. Wir wollen nur einige Spieler im Netz, die fortgesetzt geistigen Diebstahl begehen, dazu zwingen, vor der Nutzung die Urheber zu fragen.“ Unternehmen wie Youtube oder Facebook sollten verpflichtet werden, eine Software zu verwenden, die urheberrechtlich geschützte Werke erkennt und ihre illegale Nutzung unterbindet. Ziel ist es, die Plattformen zu zwingen, Lizenzverträge zur Nutzung des geistigen Eigentums abzuschließen und Urheber an Werbeeinnahmen zu beteiligen. Die Software ist notwendig, um Klicks von Nutzern zu registrieren und so Künstler im Netz an der Vergütung zu beteiligen.

Zeigt der Fall Deutschland, dass die Pläne zum Misserfolg verdammt sind?

Kritiker sagen, dass das Gesetz zum Leistungsschutz in Deutschland gescheitert sei. Sie verweisen darauf, dass die Verlage hohe Gerichtskosten tragen müssen, aber im Gegenzug verschwindend geringe Erträge kassieren. Diesem Argument halten die Befürworter: Erstens müsse man Geduld haben, es dauere bei neuen gesetzlichen Regelungen immer Jahre, bis alle Streitpunkte vor Gericht ausgefochten sind. Zudem verweisen sie darauf, dass es innerhalb der EU bisher nur in Spanien und Deutschland das Verlegerrecht gibt. Deutschland, Spanien und die Marktmacht der dortigen Verlage seien aber zu klein, um in den Verhandlungen mit digitalen Playern wie Google und CO. bestehen zu können. Dies werde sich aber ändern, wenn das Verlegerrecht in der gesamten EU gelte.

Wer streitet für, wer gegen die Copyright-Reform?

Die Internetkonzerne sind gegen die Urheberrechtsreform. Es gibt Hinweise, dass Google über die Finanzierung von Forschungseinrichtungen etwa in Berlin die wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Leistungsschutz in eigenem Sinne beeinflusst. Es gibt darüber hinaus eine Petition von über 240 Wissenschaftlern aus der internationalen Forschergemeinde, die die Freiheit des Internets in Gefahr sehen. Auch der Erfinder des World Wide Webs, Tim Berners-Lee, hat Bedenken: Er hält die Erkennungssoftware (sogenannte uploadfilter) für einen „beispiellosen Schritt hin zur Transformation des Netzes von einer offenen Plattform zu einem Werkzeug für die automatisierte Kontrolle und Überwachung der Nutzer.“ Für die Reform kämpfen die Zeitungsverlage. Im Europaparlament ist die christdemokratische Fraktion eher für die Reform, die Grünen und Sozialisten sind mehrheitlich dagegen. Konservative und Liberale sind schwer einzuschätzen. Aber auch bei den Grünen gibt es vehemente Befürworter wie Kulturpolitikerin Helga Trüpel: „Es ist höchste Zeit, dass die Öffentlichkeit zur Kenntnis nimmt: Es ist keine Steuer auf Internet-Links geplant. Vielmehr geht es darum, dass die digitalen Monopole endlich für die Nutzung journalistischer Inhalte zahlen.“

Zur Startseite