MEDIA Lab: In der Twitter-Spirale
Der Kampf um Aufmerksamkeit: Warum Twitter im Politikjournalismus immer wichtiger wird.
Die direkte Reichweite von Twitter ist sehr gering. Nur etwa zwei Prozent der Bevölkerung nutzen den Kurznachrichtendienst in Deutschland täglich, etwa fünf Prozent mindestens einmal im Monat. Trotzdem wird Twitter im politischen Nachrichtengeschäft immer wichtiger. Nicht nur populistische Politiker (Trump) und Parteien (AfD) nutzen den Dienst, um die konventionellen journalistischen Auswahlprozesse zu umgehen und ihre Inhalte direkt unters Volk zu bringen. Dazu kommt noch ein anderer Effekt: Politische Journalisten folgen dieser Entwicklung und nutzen Twitter zunehmend als Informations- und Recherchequelle.
Christian Nuernbergk (Universität Trier) und Jan-Hinrik Schmidt (Leibniz-Institut für Medienforschung Hamburg) haben untersucht, wie die Mitglieder der Bundespressekonferenz in Berlin – also die Hauptstadtkorrespondenten der wichtigsten deutschen Medien – Twitter für ihre tägliche Arbeit nutzen. [Christian Nuernbergk und Jan-Hinrik Schmidt (2020): Twitter im Politikjournalismus. Ergebnisse einer Befragung und Netzwerkanalyse von Hauptstadtjournalisten der Bundespressekonferenz. In: Publizistik 65 (2020). https://doi.org/10.1007/s11616-019-00557-4] Dafür befragten sie 136 Journalisten und analysierten mehr als 240 000 Tweets von Bundestagsabgeordneten und Hauptstadtkorrespondenten.
Bei Journalisten weit verbreitet
Die Ergebnisse zeigen den besonderen Stellenwert von Twitter im politischen Journalismus. Mehr als zwei Drittel der befragten Hauptstadtjournalisten gaben an, ein eigenes Twitter-Profil zu unterhalten Mehr als die Hälfte davon nutzt den Account mehrmals täglich vor allem passiv, also um anderen zu folgen und Inhalte aufzunehmen. Etwas mehr als 40 Prozent twittern aktiv, sie verbreiten und kommentieren eigene und fremde Inhalte.
Noch interessanter und weitreichender ist der Befund, dass vor allem diejenigen Politikjournalisten Twitter nutzen, nach deren Wahrnehmung Tweets im kommunikativen Repertoire der Politiker eine zentrale Rolle für die Erzeugung öffentlicher Aufmerksamkeit spielen. Das hat natürlich wiederum zur Folge, dass immer mehr Politiker diesen Kanal nutzen, um im politischen Hauptstadtjournalismus Beachtung zu finden – usw.
Denkt man das zu Ende, wird durch diese Spirale der gegenseitigen Beobachtung und Erwartungen genau die Monitoring- und Multiplikationsfunktion des politischen Journalismus rekonstruiert und verstärkt, die twitternde Politiker ja eigentlich häufig umgehen wollen.
Joachim Trebbe
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