Spiegel-Mitarbeiter lehnen neuen Vize-Chef ab: In aller Feindschaft
Beim „Spiegel“ wird um die Macht gekämpft: Mitarbeiter und Ressortleiter stellen sich gegen den neuen Chefredakteur Wolfgang Büchner und seine Entscheidung, "Bild"-Mann Blome zum Vize-Chef zu machen. Ein Vermittlungsversuch am Montag ist gescheitert.
Um kurz vor elf Uhr ist es an diesem Montag so voll, dass kein Mitarbeiter mehr in den Konferenzraum passt. Dort, im ersten Stock des „Spiegel“-Verlagsgebäudes an der Ericusspitze in Hamburg, warten sie gespannt darauf, ob der neue Chefredakteur sich entschuldigt, vielleicht einen Rückzieher macht. Doch sie warten vergeblich. Stattdessen erleben sie in den nächsten eineinhalb Stunden einen Machtkampf, den das Nachrichtenmagazin in dieser Form wohl so noch nie erlebt hat – und Kämpfe sind im „Spiegel“ schon einige ausgefochten worden.
Auf der einen Seite: Der neue Chefredakteur Wolfgang Büchner zusammen mit Geschäftsführer Ove Saffe. Auf der anderen Seite: die Mitarbeiter. Dazwischen der Mann, wegen dem der Streit entbrannt ist: Nikolaus Blome, Politik- und Vize-Chef der „Bild“-Zeitung. Büchner und Saffe wollen ihn in gleicher Funktion zum „Spiegel“ holen. Das aber wollen die meisten Mitarbeiter nicht. Einstimmig haben die Ressortleiter am Montag in der Konferenz erklärt, dass sie Blome ablehnen. Stefan Willeke, Co-Leiter des Gesellschaftsressorts, trug die Forderung vor.
Der Chefredakteur des "Spiegel" will entscheiden, wer sein Vize ist
Büchner aber blieb hart, berichten Redakteure, die dabei gewesen sind. Er sei der neue Chefredakteur, er wolle bestimmen, wer sein Vize sei, habe Büchner gesagt. Ruhig, aber eben so, dass an seiner Entscheidung nicht zu rütteln ist. Dabei ist Büchner noch nicht einmal im Amt. Und genau das ist das Problem: Mit ihm kommt einer, der sich über die bisherigen Machtstrukturen des Magazins hinwegsetzen will. Das wollen sich die Mitarbeiter nicht gefallen lassen.
Sicher, es ist auch eine ideologische Frage. „Brandstifter“ hat der „Spiegel“ die „Bild“ 2011 in einer Titelgeschichte genannt. Und es war Nikolaus Blome, nicht Chefredakteur Kai Diekmann, der diesen „Brandstiftern“ bisher in Talkrunden ein Gesicht gegeben, Kampagnen wie die über die „Pleite-Griechen“ verantwortet hat. Nun soll er Vize-Chef des Magazins werden, das sich als „Sturmgeschütz der Demokratie“ versteht? „Das ist doch so, als ob plötzlich von Links- auf Rechtsverkehr umgeschaltet wird“, sagt einer, der den „Spiegel“ gut kennt.
Ohne die Mitarbeiter wurde beim "Spiegel" bisher nichts entschieden
Ausschlaggebend aber ist die Machtfrage. Ohne die Mitarbeiter wurde beim „Spiegel“ bisher nichts entschieden. Sie halten über die sogenannte Mitarbeiter KG mit 50,5 Prozent die Mehrheitsanteile am Verlag. Weitere Anteilseigner sind der Verlag Gruner+Jahr mit 25,5, Prozent und die Augstein-Erben mit 24 Prozent. Die Geschäftsführer der Mitarbeiter KG meinen deshalb, dass sie der Personalie Blome hätten zustimmen müssen. Doch das ist in den Statuten wohl nicht richtig festgelegt. Büchner sagt, deshalb habe er von einem Mitspracherecht nichts gewusst. Saffe sagt, er habe die Mitarbeiter KG informiert. Die KG-Geschäftsführer sagen, dass sie ahnungslos waren. So heißt es aus Redaktionskreisen.
Büchner, der am 1. September als neuer Chefredakteur antritt, dürfte kaum mit einer Niederlage starten und auf Blome als Vize-Chef verzichten wollen. Auch Blome wird nur des lieben Friedens willens wohl nicht zurückstecken. Und Geschäftsführer Saffe wird dem neuen Chef und Vize-Chef kaum in den Rücken fallen. Sein Vertrag ist gerade erst verlängert worden. Wenn die Mitarbeiter KG alle drei Männer abberufen will, könnte das den „Spiegel“ schnell um die zehn Millionen Euro kosten. Was wiederum eine geringere Ausschüttung an Tantiemen für die Mitarbeiter zur Folge hätte.
Wolfgang Büchner wirbt vergeblich für seine Entscheidung
Für Mittwoch ist eine Informationsveranstaltung der Mitarbeiter KG angesetzt. Bis dahin verlangt Büchner eine klares Bekenntnis zu seiner Person – und zu Blome als Vize-Chef. Gemäß ihrer Satzung entscheiden die KG-Geschäftsführer aber erst in etwa drei Wochen. Wenig Zeit für Büchner, um für Blome und sich zu werben. Am Montag versuchte er das bereits: Der „Spiegel“ unterscheide sich in seiner Berichterstattung teilweise nicht vom Journalismus der „Bild“-Zeitung, soll er in der Konferenz gesagt haben. Dieser Vermittlungsversuch ging nach hinten los.
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