Talent-Förderung: Im Youtube-Labor
Ufa und Divimove starten neue Channels – und bekommen es mit der Product-Placement-Debatte zu tun.
Es gibt Fernsehen, und es gibt Youtube. Wer die Jugend erreichen will, muss dies auf der bekannten Internetvideoplattform tun, sagen die Youtuber. „Die klassischen Fernsehformate sind bei Jugendlichen verpönt“, sagt DocM, der mit bürgerlichem Namen Steffen Mössner heißt. Mit seinem englischsprachigen Minecraft-Channel ist er eine feste Größe in der Games-Community. In seinen Clips redet er nicht nur über Spiele, sondern auch über Politik. „Bei uns erfahren Leute, die nie die ,Tagesschau‘ sehen, auch etwas über die Ukraine“, sagt DocM. An Youtube schätzt er die direkte Umsetzung. „Im klassischen Fernsehen sind die Zeitabläufe doch viel zu langsam, um auf schnelle Trends zu reagieren“, sagt er.
DocM gehört zum „Shootrs“-Programm, das die Ufa zusammen mit dem in Berlin beheimateten Multichannel-Network Divimove gestartet hat. Das Programm ist auf drei bis fünf Jahre angelegt, die Ufa stellt jährlich einen Millionenbetrag zur Verfügung, sagte Jens-Uwe Bornemann, Chef von Ufa Lab, am Mittwoch bei der Vorstellung des Programms. Die beiden Partner wollen die Youtube-Talente bei der Kreativentwicklung, dem Ausbau der Reichweite und bei der Vermarktung unterstützen.
Stössner war vor Youtube unter anderem Altenpfleger, mittlerweile lebt er von den Einnahmen als Games-Kommentator. Melissa Lees Haupteinnahmequelle ist ein Modeladen, mit ihrem Channel „Breeding Unicorn“ gehört sie ebenfalls zum „Shootrs“-Programm. Ihr Outfit ist gewöhnungsbedürftig, im Fernsehen sieht sie für sich keinen Platz. „Was soll ich dort moderieren, eine Kindersendung oder ,Taff‘?“, fragt sie. Auf Youtube kommt Melissa mit ihrer offenen Art gut an. Hier gehe es nicht nur um Quoten, auf Youtube gebe es für jede Zielgruppe Platz, sagt sie. In ihrem Channel gibt sie Do-it-Yourself-Tipps, beispielsweise, wie man mit einfachsten Mitteln aus einer Handytasche ein cooles Gadget macht.
Formate für Sponsoren und Werbepartner - Youtuber haben damit wenig Probleme
Über das Programm von Ufa und Divimove erfahren die Youtuber aber auch, wie sie Formate so entwickeln, dass sie für potenzielle Sponsoren und Werbepartner attraktiv sind. Den Vorwurf, hier werde verbotenes Product Placement betrieben, können die Youtuber dabei nicht nachvollziehen. Minecraft-Gamer DocM zieht den Vergleich zum Sport heran. „Unter Gamern bin ich das, was Boris Becker für Tennis ist. Und bei ihm wird auch nicht von Schleichwerbung, sondern von Sponsoring gesprochen“, ärgert er sich über die Diskussion. „Platte Produktwerbung geht auf Youtube ohnehin nicht, das hier sind echte Menschen“, sagte Daniele Rossi, ein anderes Mitglied des „Shootrs“-Programms. „Wichtig ist die Transparenz“, sagt Philipp Bernecker, Geschäftsführer von Divimove.
Kim Gloss hat auf Facebook 900 000 Fans, die von ihr mehr wissen wollen, als aus Texten und Bildern zu erfahren ist. Das RTL-Publikum kennt sie aus „Deutschland sucht den Superstar“ und Dschungelcamp. Für Bornemann ist sie ein Beispiel dafür, wie die Synergie zwischen dem Ufa-Universum und Youtube aussehen kann. Noch gibt es nur einen kurzen Pilotfilm, doch die Entwicklung eines Channels steht so gut wie fest.
Der Ufa-Mutterkonzern FreemantleMedia ist bereits ein wichtiger TV-Partner von Youtube. Das Unternehmen betreibt 140 Kanäle in zwanzig Ländern, die zusammen auf sieben Milliarden Abrufe kommen. Divimove bezeichnet sich selbst als Europas größtes Multichannel-Network. Die 1300 Youtube-Kanäle des Netzwerkes haben eine Reichweite von 300 Millionen Views pro Monat.
Die Ufa-Labs stellen ihre digitalen Studios in Berlin und Köln für die Produktion bereit. Die Ufa will mit der Kooperation neue Talente finden, neue Formate ausprobieren und den Youtube-Markt professionalisieren, sagte Bornemann. Das Divimove-Network hilft den Talenten dabei, auch kommerziell erfolgreich zu sein. Dafür wird das Netzwerk an den Erlösen beteiligt, wie stark genau hängt von den einzelnen Channels ab. Denn Geld muss in der alten Welt des klassischen Fernsehens genauso verdient werden wie im Internet und auf Youtube. Kurt Sagatz
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