Fußball-WM 2014: Im Internet wird später gejubelt
Nie zuvor konnte der Zuschauer ein Turnier über so viele verschiedene Wege verfolgen. Der Second Screen bietet neue Perspektiven. Allerdings gibt es einige Besonderheiten.
90 Sekunden sind im Fußball eine Ewigkeit. Was alles in anderthalb Minuten passieren kann, darüber werden die Fußball-Fans bei dieser Weltmeisterschaft noch oft diskutieren. Insbesondere dann, wenn sie die Spiele nicht direkt am Fernseher, sondern per Internet auf einem Smartphone oder Tablet verfolgen. Denn beim Streaming vergeht viel Zeit, bis ein Tor auf dem Display erscheint.
Fußball-Großereignisse wie die WM in Brasilien sind ohne die moderne Technik nicht vorstellbar. Nie zuvor konnte man die Spiele eines Turniers über so viele verschiedene Wege empfangen. Zum konventionellen Empfang via Antenne, Kabel und Satellit kommen Internet-TV der Telekom sowie die Streamingangebote von ARD, ZDF und kommerziellen Anbietern wie Zattoo und Magine hinzu.
Die Computerzeitschrift „c’t“ hat nachgemessen, welche Zeit das Bildsignal auf den verschiedenen Verbreitungswegen benötigt. Das Ergebnis: Im Internet wird zuletzt gejubelt. Beim schwedischen Streamingdienst Magine beträgt die Zeitdifferenz der „c’t“-Messung zufolge eben jene 90 Sekunden. Dafür überträgt dieser Dienst anders als Konkurrent Zattoo die von ARD und ZDF gesendeten Spiele auch kostenfrei in HD-Auflösung. Auch das zeitversetzte Anschauen der Begegnungen ist mit Magine möglich. Zwar immer noch nicht schnell, aber deutlich schneller streamen die beiden öffentlich-rechtlichen Sender die WM-Bilder über ihre Mediathek-Seiten.
Am schnellsten fallen die Tore im klassischen TV
Abgesehen von der unübertroffen schnellsten Übertragungsart – dem Hörfunk – ist man auch in Brasilien mit dem klassischen Fernsehen am besten bedient. In diesem Medium schmelzen die Zeitunterschiede auf wenige Sekunden zusammen. Zuerst gejubelt wird in Haushalten mit Satellitenanlage. Bei Kabelempfang kann es bis zu zehn Sekunden länger dauern, bis man genau weiß, warum es in der Nachbarschaft gerade laut geworden ist. Bei T-Entertain dauert es noch einmal ein paar Sekunden mehr.
Für den reinen Empfang kommt das Internet somit vor allem dann zum Einsatz, wenn der klassische TV-Weg nicht zur Verfügung steht. Dennoch hat das Turnier in Brasilien die besten Chancen, zur ersten Second-Screen-WM zu werden. Die „Sportschau WM App“ der ARD (iOS und Android) bietet aktuelle Nachrichten, Video-Clips, Kaderlisten und Informationen zu den Spielorten in Brasilien. Zum Beginn der WM am Donnerstag verpasst die ARD der App ein Update mit zahlreichen neuen Funktionen. Die Turnier-Version zeigt die von der ARD übertragenen Spiele im Live-Stream. Dabei stehen insgesamt sechs Kameraperspektiven zur Wahl. Mit der App kann man außerdem auch die Highlights aller 64 WM-Partien abrufen. Die wichtigsten Szenen werden aus bis zu 20 verschiedenen Kameraperspektiven gezeigt, darunter einer Totale des Spielfelds und einer Torraum-Perspektive.
Twitter bietet Timelines zu favorisierten Ländern
Das ZDF hat auf eine eigene WM-App verzichtet. Der Mainzer Sender bündelt seine Online-Aktivitäten in der ZDF-Mediathek. Darüber können sich die Fußball-Fans die Station-Totale als zusätzliche Perspektive zuschalten. In der Rubrik „MyView“ werden wichtige Szenen aus verschiedenen Kamera-Perspektiven als Abrufvideo angeboten. In der „Web-Tribüne“ werden Fundstücke aus den Sozialen Netzwerken gesammelt. Falls man nicht ohnehin Twitter nebenbei im Blick behält. Der Kurznachrichtendienst bietet zur WM spezielle Timelines. Bei der Suche nach #WM2014 lässt sich die Zeitleiste des favorisierten Landes auswählen. Dann werden alle Tweets zur Weltmeisterschaft von Personen aus dem eigenen Netzwerk sowie relevante Tweets von Teams, Spielern, Trainern, Medien, Fans in den Stadien vor Ort und Prominenten angezeigt. Zudem kann man Timelines zu den einzelnen Spielen auswählen.
Der Live-Ticker des Tagesspiegel-Kooperationspartners 11 Freunde, der 2013 für seine unterhaltsamen Kommentare zum Spielgeschehen mit einem Grimme-Online-Award ausgezeichnet wurde, wird zur WM unter anderem vom täglichen Videobeweis von Philip Köster begleitet. Die App gibt es sowohl für iOS als auch Android. Eine weitere Besonderheit ist das WM-Tagebuch zu jedem Teilnehmerland im Rahmen des „Guardian“-Netzwerkes.
Die Fußball-Euphorie kann allerdings schnell durch Datentarife gebremst werden. Der Empfang eines einzigen Spiels in Standard-Auflösung über das Mobilfunknetz frisst ein Inklusivvolumen von 500 Megabyte beinahe vollständig auf. Wann immer verfügbar sollte darum die Internetverbindung über ein W-Lan erfolgen. Wer die WM unterwegs anschauen will, ist mit einem DVB-T-Empfangsteil für Laptop oder Tablet am besten gerüstet.
„WM live: Eröffnungsfeier“, Donnerstag, ZDF, 20 Uhr 15
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